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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Bedeutung der Blaulicht-Zystoskopie bei NMIBC – Analyse gemäss der neuen IBCG-Definition für Progression

 

LOWER URINARY TRACT Houston – mechentel news – Bei der Blaulicht-Zystoskopie wird über einen Blasenkatheter Hexaminolevulinsäure in die Blase instilliert, die anschliessend von dysplastischem Gewebe resorbiert wird. Das dysplastische Gewebe emittiert folglich unter blauem Referenzlicht rotes Licht, während normales Urothel blau erscheint. Unter Anwendung der kürzlich von der IBCG (International Bladder Cancer Group) vorgestellten neuen Definition für Progression des nicht muskelinvasiven Blasenkarzinoms (NMIBC), welche Änderung des T-Stadiums (Veränderungen zu T2 oder höher oder Veränderungen vom niedrigen zum hohen Grad) beinhaltet, wurde der Trend hin zur verlangsamten Progressionsrate bei mit Blaulicht-Zystoskopie mittels Hexaminolevulinat (HAL)-untersuchten-Patienten gefunden, speziell bei jenen Patienten, die von Ta zu CIS voranschritten. Der Zeitraum bis zur Progression war deutlich ausgedehnt. Ashish M. Kamat vom Department of Urology des University of Texas M D Anderson Cancer Center in Houston, Texas, USA, sowie Kollegen aus Oklahoma, USA, und den Niederlanden sowie Deutschland, versuchten dies unter Anwendung der überarbeiteten Definition zu begründen. In einer früheren kontrollierten Phase-III-Studie wurden bereits Ergebnisse bezüglich der Blaulicht-Zystoskopie mittels HAL (255 Patienten) mit der Weisslicht-Zystoskopie (261 Patienten) bei NMIBC-Patienten verglichen. Diese Daten wurden hinsichtlich der neuen Definition erneut überprüft. Gemäss den Originaldaten, kam es bei acht HAL- und bei 16 Weisslicht-Patienten zur Progression (Transition des NMIBC zum muskelinvasiven Blasenkarzinom, T2-4). Unter Berücksichtigung der überarbeiteten Definition, wurden in beiden Gruppen weitere Patienten mit Progression gefunden: 31 (12,2 %) HAL- vs. 46 (17,6 %) Weisslicht- (p = 0,085), wovon vier (1,6 %) HAL- und elf (4,2 %) Weisslicht-Patienten von Ta zu CIS voranschritten. In der HAL-Gruppe war der Zeitraum bis zur Progression verlängert (p = 0,05). Die Autoren, der im April 2016 in der Fachzeitschrift Bladder Cancer publizierten Studie, legen nahe, dass Patienten eher eine Blaulicht-Zystoskopie mittels HAL als eine Weisslicht-Zystoskopie zum Zeitpunkt der Resektion erhalten sollten. Die Anwendung der neuen Definition sollte es mehr Patienten mit Progressionsrisiko ermöglichen entsprechend früher behandelt zu werden. (ut)

Autoren: Kamat AM, Cookson M, Witjes JA, Stenzl A, Grossman HB. Korrespondenz: Ashish M. Kamat, Department of Urology, University of Texas M D Anderson Cancer Center, Houston, TX, USA. Tel.: +1 713 792 3250; E-mail: akamat@mdanderson.org. Studie: The Impact of Blue Light Cystoscopy with Hexaminolevulinate (HAL) on Progression of Bladder Cancer – A New Analysis. Quelle: Bladder Cancer. 2016 Apr 27; 2(2):273-278. Web: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4927917/

KOMMENTAR Aminolevulinat ist einigen von Ihnen womöglich noch vom Studium in Erinnerung geblieben, da es den Häm-Anteil unseres Hämoglobins bildet. Diese Ringstruktur absorbiert Licht in einem gewissen Spektrum, weswegen der Pulsoxymeter überhaupt funktioniert. Je nachdem, welches Zentralatom in diesem Ringmolekül gebunden ist, entsteht aus der Ringstruktur grob gesagt entweder Chlorophyll (dann Magnesium als Zentralatom) und kommt in Pflanzen vor (Stichwort Photosynthese). Mit Cobalt wird es zu Vitamin B12 und mit Eisen eben zum Häm unseres Hämoglobins. Alle genannten Strukturen absorbieren Licht in einer jeweiligen Wellenlänge. Und Aminolevulinat (aus Glycin, der einfachsten Aminosäure und Succinylcholin aus dem Citratzyklus) bildet nun eben diese Ringform, wobei „Hexaminolevulinat“ die Esterform des endogenen Aminolevulinat darstellt. Hexaminolevulinat reichert sich bevorzugt in malignen Zellen an. Durch einen Farbfilter wird Blaulicht in einer Wellenlänge um 400 Nanometer während der Zystoskopie filtriert, womit eine Fluoreszenz durch die in malignen Zellen angehäufte Hexaminolevulinsäure gesehen werden kann (photodynamische Diagnostik, ähnlich der photodynamischen Therapie in der Dermatologie bzw. der Prostata, Sie finden dahingehend das Abstract „Padeliporfin“ in der Sektion Prostata). In einer Metaanalyse wurde gezeigt, dass durch die Blaulicht-Zystoskopie eine Reduktion der Rezidive nach 9-12 Monaten entstehen kann (1). Natürlich fragt man sich, ob durch die Blaulichtzystoskopie mehr CIS erkannt wird und damit mehr BCG verabreicht wird. Dies könnte eine einfache Erklärung für die Reduktion an Rezidiven sein („mehr BCG, weniger Rezidiv“). Dies war laut den Autoren aber nicht unterschiedlich mit 45 versus 46 %. Nun zum Thema Progression: 2014 wurde zudem eine neue Definition für „Progression“ von der International Bladder Cancer Group vorgeschlagen (2), wo nicht nur die Veränderung des T-Stadiums, sondern auch die Invasion der Lamina propria der Harnblase als auch eine Zunahme des Grading als Progressionsdefinition favorisiert wurde. Die Autoren der hiesigen Publikation haben diese Definition auf ihr Patientengut angewendet. Interessant wäre jetzt zu wissen, wie hoch die Number needed to treat ist. Denn nach 4,5 Jahren war die Progressionsrate nach der neuen Definition mit 12,2 (Blaulicht) versus 17,6 % (konventionelle Zystoskopie) noch nicht signifikant (p = 0,085). Hingegen zeigte sich eine Verlängerung der Zeit bis zur Progression, wobei der p-Wert genau 0,05 (und nicht kleiner, wie sonst per Definition üblich) betrug.

1. Burger M, Grossman HB, Droller M, Schmidbauer J, Hermann G, Dragoescu O, Ray E, Fradet Y, Karl A, Burgues JP, Witjes JA, Stenzl A, Jichlinski P, Jocham D. 2013. Photodynamic diagnosis of non-muscle-invasive bladder cancer with hexaminolevulinate cystoscopy: a meta-analysis of detection and recurrence based on raw data. Eur Urol 64:846-854. 2. Lamm D, Persad R, Brausi M, Buckley R, Witjes JA, Palou J, Bohle A, Kamat AM, Colombel M, Soloway M. 2014. Defining progression in nonmuscle invasive bladder cancer: it is time for a new, standard definition. J Urol 191:20-27.