Skip to main content

Fachverlag und Nachrichtenagentur

Verbessertes overall survival bei mit Antiandrogentherapie kombinierter Salvage-Bestrahlung

 

PROSTATE Boston – mechentel news – Eine Salvage-Radiotherapie (salvage radiation therapie, SRT) ist meist bei Männern notwendig, die infolge einer radikalen Prostatektomie Anzeichen eines Rezidivs des Prostatakarzinoms in Form von persistent oder rezidivierend erhöhten PSA-(Prostata-spezifisches Antigen-) Werten aufweisen. Ob eine antiandrogene Therapie gekoppelt mit einer Bestrahlungstherapie die weitere Krebskontrolle zu verbessern und somit das Gesamtüberleben (overall survival) zu verlängern vermag, ist gegenwärtig nicht bekannt. In einer doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie untersuchten die Forscher um William U. Shipley aus dem Massachusetts General Hospital und der Harvard Medical School in Boston, USA, für die NRG Oncology RTOG, im Zeitraum von 1998 bis 2003 geeignete Patienten. Bei allen 760 Patienten erfolgte eine Prostatektomie mit Lymphadenektomie. Die Erkrankung wurde mittels pathologischer Untersuchungen als Tumorstadium T2 (auf Prostata beschränkt, jedoch mit positiven Schnitträndern) oder T3 (mit histologischer Ausdehnung über die Prostatakapsel hinaus) ohne nodale Beteiligung, mit einem messbaren PSA-Level von 0,2 – 4,0 ng/ml eingestuft. Die Männer erhielten eine Bestrahlung und entweder täglich 150 mg Bicalutamid oder täglich ein Placebo in Tablettenform (über einen Zeitraum von jeweils 24 Monaten) während und nach der Bestrahlungstherapie. Primärer Endpunkt der Studie war das overall survival. Die Verlaufskontrolle der überlebenden Patienten erstreckte sich im Mittel über 13 Jahre. Nach zwölf Jahren lagen die Raten des overall survivals bei 76,3 % versus 71,3 % (Bicalutamid- versus Placebo-Gruppe; Risikoquotient für Tod: 0,77; 95 % Konfidenzintervall: 0,59 – 0,99; p = 0,04). Die Wahrscheinlichkeit innerhalb der zwölf Jahre infolge des Prostatakarzinoms zu versterben, betrug in der Bicalutamid-Gruppe 5,8 % und in der Placebo-Gruppe 13,4 % (p < 0,001). Bei 14,5 % der Patienten aus der Bicalutamid- und bei 23,0 % der Patienten aus der Placebo-Gruppe traten nach zwölf Jahren Metastasen auf (kumulative Inzidenz; p = 0,005). Die Komplikationen bezüglich der Bestrahlung waren in beiden Gruppen vergleichbar. Jedoch kam es bei 69,7 % der Männer der Bicalutamid-Gruppe zu Gynäkomastie, verglichen mit 10,9 % in der Placebo-Gruppe (p < 0,001). Die Wissenschaftler, der im Februar 2017 im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie, schlussfolgern, dass eine 24-monatige Antiandrogen-Therapie mit Bicalutamid ergänzend zur Salvage-Bestrahlung in signifikant höherem Langzeit-overall survival verbunden mit weniger metastatischen Prostatakarzinomen und Todesfällen infolge der Krebserkrankung resultierte als bei Einsatz der Bestrahlung nebst Placebo. (ut)

Autoren: Shipley WU, Seiferheld W, Lukka HR, Major PP, Heney NM, Grignon DJ, Sartor O, Patel MP, Bahary JP, Zietman AL, Pisansky TM, Zeitzer KL, Lawton CA, Feng FY, Lovett RD, Balogh AG, Souhami L, Rosenthal SA, Kerlin KJ, Dignam JJ, Pugh SL, Sandler HM1; NRG Oncology RTOG. Korrespondenz: Dr. Shipley at the Department of Radiation Oncology, Massachusetts General Hospital, 55 Fruit St., Cox 3, Boston, MA 02114, or at wshipley@partners.org. Studie: Radiation with or without Antiandrogen Therapy in Recurrent Prostate Cancer. Quelle: N Engl J Med. 2017 Feb 2; 376(5):417-428. doi: 10.1056/NEJMoa1607529. Web: http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1607529

KOMMENTAR In der RTOG 9601-Studie wurden Männer mit PSA-Persistenz nach Prostatektomie (PSA 0,2 bis 4 ng/ml postoperativ) mit 64,8 Gy über 36 Tage bestrahlt. Randomisiert wurde dann für Placebo versus 150 mg Bicalutamid (Einnahmedauer insgesamt je 2 Jahre). Die Studie begann im März 1998 – zu dieser Zeit waren die Daten zu 150 mg Bicalutamid als Monotherapie frisch publiziert (1, 2), diese galt als Standardtherapie. Rund 30 % der Männer hatten zwar „nur“ pT2-Tumoren, aber dafür 75 % positive Schnittränder und wie oben erwähnt eine PSA-Persistenz. Die mediane Zeit von der Prostatektomie bis zum ersten Rezidiv betrug 1,4 Jahre. Hinzugefügt werden muss allerdings, dass die Definition eines biochemischen Rezidivs sich während der Studie mehrfach international nach unten korrigiert hat – auch beim Gleason Score gab es diese Korrektur 2005, was die rund 30 % Gleason Score 6 erklären dürfte (ein Problem mit dem viele grosse Studien mit langem Follow-up zu kämpfen haben). Die Stärken der Studie liegen in ihrem Follow-up von 13 Jahren sowie ihrem primären Endpunkt, dem overall survival. Über den Beobachtungszeitraum starben von 384 Männern in der Bicalutamid-Gruppe ingesamt 108 (28,1 %), in der Placebogruppe waren es 131 von 376 (34,8 %). Und natürlich war das Überleben besser, je früher bestrahlt wurde. Kardiale Events waren in der Bicalutamidgruppe nicht erhöht, wobei die Autoren wörtlich schreiben: „However, only data on cardiac events that were reported as adverse events were collected, which may have introduced an ascertainment bias“. Somit lag es im Ermessen des Prüfarztes zu entscheiden, ob das Ereignis z. B. eines Herzinfarktes der Bicalutamid-Medikation oder aber des kardiovaskulären Risikoprofils (oder womöglich des amerikanischen Lebensstils) zuzuschreiben war. Die GETUG-Studie, die Sie unten finden, untersuchte zwei Injektionen Goserelin 10,8 mg kombiniert mit einer Salvage-Bestrahlung (66 Gy) des Protatatabetts – allerdings mit einem sehr viel schwächeren Endpunkt (progressionsfreies Überleben). Weitere Informationen werden wir von Chris Parkers RADICALS-Studie (NCT 00541047) aus Grossbritannien/Canada/Dänemark/Irland erhalten: Im Dezember 2016 wurde hier die Rekrutierung mit >4000 Männern abgeschlossen. Sie untersucht zum einen den Zeitpunkt der Bestrahlung (adjuvant versus salvage) als auch die Kombination des Hormonentzugs (kein Entzug versus 6 Monate versus 2 Jahre).

1. Iversen P, Tyrrell CJ, Kaisary AV, Anderson JB, Baert L, Tammela T, Chamberlain M, Carroll K, Gotting-Smith K, Blackledge GR. 1998. Casodex (bicalutamide) 150-mg monotherapy compared with castration in patients with previously untreated nonmetastatic prostate cancer: results from two multicenter randomized trials at a median follow-up of 4 years. Urology 51:389-396. 2. Tyrrell CJ, Kaisary AV, Iversen P, Anderson JB, Baert L, Tammela T, Chamberlain M, Webster A, Blackledge G. 1998. A randomised comparison of ‚Casodex‘ (bicalutamide) 150 mg monotherapy versus castration in the treatment of metastatic and locally advanced prostate cancer. Eur Urol 33:447-456.