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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Keine Verschlechterung der kognitiven Funktion durch Alpha-Adrenozeptor-Antagonisten

LOWER URINARY TRACT London (Kanada) – Alpha-Rezeptor-Antagonisten sind Teil der medikamentösen Erstlinientherapie von Männern mit LUTS aufgrund einer Prostatavergrösserung und werden seit mehr als 30 Jahren verschrieben. Im Jahr 2018 sorgte eine Studie von Duan et al. für Aufsehen, die einen Zusammenhang zwischen dem Risiko der Entwicklung einer Demenz und der Einnahme von Alpha-Rezeptor-Antagonisten nahelegte. Nachfolgende Studien kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Eine Studie von Latvala et al. aus dem Jahr 2022 zeigte erneut eine Assoziation zwischen Alzheimer-Demenz und der Einnahme von Alpha-Rezeptor-Antagonisten. Angesichts der häufigen Verschreibung von Alpha-Rezeptor-Antagonisten und der widersprüchlichen Literatur besteht ein Bedarf an weiterführenden Untersuchungen. Hierzu führten die Autoren um Fernanda Gabrigna Berto vom Department of Surgery der Western University in London in der Provinz Ontario, Kanada, eine retrospektive, Propensity-Score-adjustierte Kohortenstudie mit Daten des nationalen US-amerikanischen National Alzheimer’s Coordinating Center (NACC) durch. Aus dem Datensatz von insgesamt 44.713 Patienten konnten 916 Patienten identifiziert werden, die im Beobachtungszeitraum neu mit einem Alpha-Rezeptorenblocker behandelt wurden. Diese wurden mit 916 Patienten ohne entsprechende Therapie gematcht. Hinsichtlich der Baseline-Charakteristika bestanden keine relevanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Der am häufigsten verschriebene Alpha-Rezeptor-Antagonist war Tamsulosin (91%), gefolgt von Alfuzosin (6,7%) und Silodosin (2,3%). Die Autoren berichten in der September-Ausgabe 2024 des Fachjournals NEUROUROLOGY AND URODYNAMICS, dass sich über den Beobachtungszeitraum von mindestens vier Jahren keine statistisch relevanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich der Veränderung der kognitiven Funktionen zeigten, welche mittels mehrerer Fragebögen erhoben wurden. (fa)

Autoren: Berto FG, McClure JA, Campbell J, Welk B. Korrespondenz: Blayne Welk, MD, MSc, Associate Professor, Department of Surgery and Epidemiology and Biostatistics (Urologist), Western University, Room B4-667, St Joseph’s Health Care, 268 Grosvenor St London ON N6A 4V2, Canada. E-Mail: bkwelk@gmail.com Studie: Use of alpha-adrenergic antagonists for lower urinary tract symptoms is not associated with worsening cognitive function. Quelle: Neurourol Urodyn. 2024 Sep;43(7):1574-1581. doi: 10.1002/nau.25514. Epub 2024 May 27. PMID: 38803218. Web: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/nau.25514

KOMMENTAR Die Auswertung der Daten von über 1.800 Patienten konnte keinen Zusammenhang zwischen der Einnahme eines Alpha-Rezeptor-Antagonisten und einer Verschlechterung der Kognition nachweisen. Inwieweit die Resultate aus der NACC-Population auf eine Real-World-Population übertragbar sind, ist unklar. Zudem könnte die Studie durch einen möglichen Survivor Bias in der NACC-Population beeinflusst sein. Unklar bleibt ebenfalls, ob es Unterschiede zwischen den verschiedenen Alpha-Rezeptor-Antagonisten gibt. Die überwiegende Mehrheit der Patienten in der Studie wurde mit Tamsulosin behandelt.
Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital