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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Therapie von Harnwegsinfektionen bei älteren Menschen

INFECTIOUS DISEASES Basel – Harnwegsinfektionen (HWI) gehören zu den häufigsten Erkrankungen und betreffen jährlich etwa 150 Millionen Menschen. Neben jungen, sexuell aktiven Frauen sind häufig ältere Menschen von einem HWI betroffen. Mehr als 30% der über 85-jährigen Frauen sind in den letzten 12 Monaten an einer HWI erkrankt. Aufgrund der demographischen Entwicklung ist in Zukunft eine Zunahme von HWI zu erwarten. Dementsprechend besteht der Bedarf, die Diagnostik und Therapie der HWI, insbesondere bei älteren Patienten, zu verbessern. Kathrin Bausch von der Urologischen Klinik des Universitätsspitals Basel und weitere Autoren legen dazu eine Übersichtsarbeit vor. Harn- und Stuhlinkontinenz, Dehydratation, eingeschränkte kognitive Funktionen und verminderte Mobilität erhöhen die Infektionsanfälligkeit älterer Menschen. Die Diagnose und Behandlung von HWI bei älteren Menschen wird durch zugrunde liegende Komorbiditäten und einen allgemein beeinträchtigten Gesundheitszustand erschwert. Darüber hinaus können atypische Symptome die Diagnose verzögern, und die asymptomatische Bakteriurie (ABU), die keiner Behandlung bedarf, ist in dieser Population weit verbreitet. Die Diagnose einer HWI erfolgt in der Regel aufgrund der Symptome in Kombination mit dem Nachweis des Erregers im Urin. Die antimikrobielle Behandlung von Harnwegsinfektionen bei älteren Menschen unterscheidet sich im Allgemeinen nicht von der Behandlung anderer Patientengruppen. Unter Berücksichtigung der Häufigkeit von Komorbiditäten und Polypharmazie sollten bei der Therapiewahl mögliche Arzneimittelinteraktionen und Kontraindikationen wie eine eingeschränkte Nierenfunktion berücksichtigt werden. Entsprechend muss auf den Einsatz von Fluorchinolonen in dieser Patientengruppe verzichtet werden. Aufgrund der fehlenden Evidenz für den Einsatz von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) bei HWI und deren Risikoprofil sollte der Einsatz in der geriatrischen Population, wenn überhaupt, nur sehr zurückhaltend erfolgen. Die HWI-Prophylaxe orientiert sich an den allgemeinen Empfehlungen, wobei sich diese häufig nur auf rezidivierende HWI bei Frauen beziehen. Eine niedrig dosierte, kontinuierliche Antibiotikaprophylaxe kann prinzipiell auch bei älteren Menschen durchgeführt werden, allerdings fehlen belastbare Daten zur Auswahl, Dosierung und Dauer der Antibiotikaprophylaxe. Wie die Autoren in der September-Ausgabe 2024 des Fachjournals EUROPEAN UROLOGY FOCUS betonen, ist angesichts der Bedenken hinsichtlich Antibiotikaresistenzen ein vorsichtiger Ansatz geboten, insbesondere im Hinblick auf Polypharmazie und Multimorbidität. (fa)

Autoren: Bausch K, Stangl FP, Prieto J, Bonkat G, Kranz J. Korrespondenz: Kathrin Bausch, Department of Urology, University Hospital Basel, Spitalstrasse 21, 4031 Basel, Switzerland. E-Mail: bkwelk@gmail.com Studie: Urinary Infection Management in Frail or Comorbid Older Individuals. Quelle: Eur Urol Focus. 2024 Sep;10(5):731-733. doi: 10.1016/j.euf.2024.08.007. Epub 2024 Aug 31. PMID: 39217017. Web: https://www.eu-focus.europeanurology.com/article/S2405-4569(24)00164-0/fulltext

KOMMENTAR Der oben vorgestellte Artikel fasst die Therapie der Harnwegsinfektion beim älteren Patienten schlüssig zusammen. Aufgrund der demographischen Entwicklung wird diese Thematik im nächsten Jahrzehnt sicherlich noch an Bedeutung gewinnen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Behandlung einer HWI in der geriatrischen Population die Berücksichtigung atypischer Symptome erfordert. Therapeutische und prophylaktische Entscheidungen sollten Komorbiditäten, Polypharmazie und potenzielle unerwünschte Ereignisse einbeziehen.

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital