
Umfrage zur Patientenpräferenz für Drittlinientherapie bei überaktiver Blase
NEUROUROLOGY Stony Brook – Die derzeit empfohlenen Drittlinientherapien für die überaktive Blase (OAB) umfassen intravesikale Injektionen von Onabotulinumtoxin-A (BTX-A), die perkutane tibiale Nervenstimulation (PTNS) und die sakrale Neuromodulation (SNM). Eine neue Therapie ist der implantierbare tibiale Nervenstimulator (ITNS). Die hier vorgestellten Studie von Anjali Kapur et al. vom Department of Urology der Stony Brook Medicine in Stony Brook im Bundesstaat New York, Vereinigte Staaten, hatte zum Ziel, Veränderungen in den Therapiepräferenzen von Patienten mit überaktiver Blase für Drittlinientherapien nach Einführung des ITNS zu analysieren. Zu diesem Zweck führten die Autoren eine Online-Befragung von Patienten mit OAB-Symptomen durch. Den Patienten wurden aktuelle Drittlinientherapien (BTX-A, PTNS und SNM) vorgestellt und die Teilnehmer wurden gebeten, diese Therapien in der Reihenfolge ihrer Präferenz zu bewerten. Im nächsten Schritt erhielten die Teilnehmer Informationen über den ITNS und die Patienten wurden gebeten, ihre Präferenzen erneut zu bewerten. Insgesamt wurde die Umfrage von 485 Teilnehmern (62,5% weiblich) abgeschlossen. Die am häufigsten berichteten OAB-Symptome waren Drang (68%) und Dranginkontinenz (73,0%). Ein Drittel der Patienten hatte zuvor eine medikamentöse Therapie der überaktiven Blase ausprobiert und 8,0% bis 10,3% der Patienten hatten zuvor eine Drittlinientherapie der OAB erhalten. Ohne Informationen über den ITNS bewerteten die Teilnehmer ihre bevorzugte Drittlinientherapie wie folgt: 28% BTX-A, 27% PTNS und 13,8% SNM. Mit Informationen über den ITNS bewerteten die Teilnehmer ihre erste Wahl wie folgt: 27,6% BTX-A, 19,2% PTNS, 7,8% SNM und 19,2% ITNS. Die Anteile der Patienten, die BTX-A, SNM und PTNS als erste Wahl für die Drittlinientherapie bevorzugten, gingen nach Einführung von ITNS sowohl absolut als auch relativ zurück. Patienten, die ursprünglich an PTNS interessiert waren, zeigten die grösste absolute Veränderung nach der Einführung von ITNS. Patienten, die ursprünglich an SNM interessiert waren, zeigten die grösste relative Veränderung ihres Interesses, wobei 43,5% der ursprünglich an SNM interessierten Patienten auf den ITNS wechselten. In der April-Ausgabe 2024 des Fachjournals NEUROUROLOGY AND URODYNAMICS berichten die Autoren zudem, dass mit der Einführung des ITNS die Zahl der Teilnehmer, die ursprünglich an keiner Drittlinientherapie interessiert waren, um 4,7% absolut und um 17,6% relativ zurückging. (fa)
Autoren: Kapur A, Aalami Harandi A, Hartman-Kenzler J, Kim J. Korrespondenz: Anjali Kapur, MD, Department of Urology, Stony Brook Medicine, Stony Brook, New York, USA. E-Mail: Anjali.Kapur@nyulangone.org Studie: Shifts in patient preference of third-line overactive bladder therapy after introduction of the implantable tibial nerve stimulator. Quelle: Neurourol Urodyn. 2024 Apr;43(4):959-966. doi: 10.1002/nau.25421. Epub 2024 Feb 23. PMID: 38390786. Web: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/nau.25421
KOMMENTAR Der ITNS unterscheidet sich von anderen Drittlinientherapien durch einen geringeren Zeitaufwand bei der Anwendung, geringere Kosten und insbesondere durch eine geringere Invasivität. Der ITNS könnte eine Untergruppe von Patienten mit überaktiver Blase ansprechen, die bisher keine Drittlinientherapie in Anspruch genommen hätten. Da der ITNS erst kürzlich von der FDA in den USA zugelassen wurde, bleibt abzuwarten, wie sich die Therapie in der Klinik etabliert und von den Patienten angenommen wird. Aus methodischer Sicht ist anzumerken, dass Studien, die auf Umfragen basieren, bekanntlich immer eine gewisse Anfälligkeit für Selektionsbias haben.
Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital