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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Erhöhtes Risiko für Harnleiterstrikturen bei Verwendung von Hochleistungs- und Hochfrequenzparametern in der Thuliumfaserlaser-Lithotripsie

UROLITHIASIS Zürich – In einer retrospektiven multizentrischen Analyse wurde die Sicherheit und Wirksamkeit herstellervorgegebener versus individualisierter Einstellungen bei der Thuliumfaserlaser-Lithotripsie (TFL) im Rahmen einer Ureterorenoskopie verglichen. Eingeschlossen wurden 158 Patientinnen und Patienten, die an zwei Schweizer Universitätskliniken mit dem SOLTIVE®-System behandelt worden waren. An einem Standort erfolgte die TFL gemäss den Herstellerparametern (Manufacturer Protocol, MP), am anderen gemäss individualisierten Parametern (Individual Protocol, IP). Primärer Zielparameter war die Rate an Harnleiterstrikturen, sekundärer Zielparameter die Steinfreiheitsrate (SFR). Die Autoren um Riccardo Villani von der Klinik für Urologie des Universitätsspitals Zürich publizierten die Ergebnisse in der April-Ausgabe 2025 des WORLD JOURNAL OF UROLOGY.
Jeweils 79 Patientinnen und Patienten wurden den beiden Gruppen zugeordnet. In der MP-Gruppe wurden vor der Stent-Implantation seltener bereits Stents platziert (56 % vs. 91 %; p < 0,001) und häufiger Ureterzugangsschleusen verwendet (65 % vs. 44 %; p = 0,01). 70 % der Fälle betrafen Nierensteine, 53 % Harnleitersteine. Trotz vergleichbarer SFR (85 % vs. 84 %) zeigte die MP-Gruppe eine signifikant erhöhte Rate an Harnleiterstrikturen (11 % vs. 1 %; p = 0,009). In der multivariaten Analyse erwiesen sich sowohl die Nutzung der Herstellerparameter (Odds Ratio [OR] 12,4) als auch die Retention von Steinen (OR 7,1) als unabhängige Prädiktoren für Strikturen. Die MP-Einstellungen waren durch höhere Energie- und Frequenzwerte gekennzeichnet. Eine Verbesserung der SFR konnte damit jedoch nicht erreicht werden. Die Mehrheit der durch MP-Einstellungen verursachten Harnleiterstrikturen erforderte umfangreiche rekonstruktive chirurgische Eingriffe. Die Studie kam zu dem Schluss, dass Hochleistungs- und Hochfrequenz-Voreinstellungen ein erhebliches Risiko für Harnleiterverletzungen bergen, ohne die Wirksamkeit zu verbessern. (la/bs)

Autoren: Villani R, Liernur TD, Windisch OL, Valerio M, Schoofs FT, Kwok JL, Sierra A, Eberli D, Iselin C, Traxer O, Keller EX. Korrespondenz: Etienne Xavier Keller, Department of Urology, University Hospital Zurich, University of Zurich, Zurich, Switzerland. E-Mail: etiennexavier.keller@usz.ch Studie: With great power comes great risk: High ureteral stricture rate after high-power, high-frequency Thulium fiber laser lithotripsy in ureteroscopy. Quelle: World J Urol. 2025 Apr 18;43(1):232. doi: 10.1007/s00345-025-05553-0. PMID: 40249411; PMCID: PMC12008075. Web: https://link.springer.com/article/10.1007/s00345-025-05553-0

KOMMENTAR Dies ist die erste klinische Studie, die eine Assoziation zwischen herstellervorgegebenen Hochleistungs-/Hochfrequenzparametern und einem signifikant erhöhten Risiko für postoperative Harnleiterkomplikationen belegt. Villani und Kollegen sprechen sich für einen individualisierten, konservativen Ansatz mit niedrigeren Energie- und Frequenzwerten aus. Es ist jedoch wichtig die Limitationen der retrospektiven Studiendesigns zu beachten, etwa potenzielle Verzerrungen durch Unterschiede in chirurgischer Erfahrung, unvollständige Angaben zu verwendeten Zusatzinstrumenten (z.B. Spülsystemen) und die begrenzte Stichprobengrösse. Wie die Autoren vorschlagen, sind prospektive Studien erforderlich, die den Einfluss einzelner Laserparameter bewerten, um optimale TFL-Einstellungen definieren zu können.
In Anbetracht der rasanten Entwicklungen in der endourologischen Steintherapie, der zunehmenden Verfügbarkeit moderner Instrumente und der frühen Integration der Technik in die chirurgische Ausbildung stellt sich die Frage, ob jedes Zentrum einen Endourologie-Experten benennen sollte, der dafür verantwortlich ist, über die neuesten Fortschritte und Sicherheitsstandards auf dem Laufenden zu bleiben. Sollte darüber hinaus ein strukturiertes Endourologie-Stipendium eingerichtet oder vorgeschrieben werden, um eine fundierte Ausbildung in diesem hochspezialisierten Fachgebiet sicherzustellen?
Autor: Dr. med. Luca Afferi, Oberarzt i.V. Urologie, Kantonsspital Aarau AG