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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Keine Reduktion pulmonaler Komplikationen durch hohen positiven endexpiratorischen Druck

Europa – mechentel news – Die Bedeutung eines positiven endexpiratorischen Drucks bei der mechanischen Beatmung während der Allgemeinanästhesie für einen chirurgischen Eingriff bleibt umstritten. Ein Druck grösser als 0 cm H₂O könn-te vor pulmonalen postoperativen Komplikationen schützen, könnte aber auch zu intraoperativer Kreislaufabsenkung und Lungenverletzungen durch Überdehnung führen. Die Autoren des PROVE Network (Investigators for the Clinical Trial Network of the European Society of Anaesthesiology) untersuchten die These, dass ein hoher Level eines positiven endexpiratorischen Drucks bei Risikopatienten, die eine mechanische Beatmung mit pulmonalen Rekrutierungsmanövern und niedrigen Tidalvolumina während einer Allgemeinanästhesie zur Durchführung eines offenen abdominellen Eingriffs bekamen, gegen postoperative pulmonale Komplikationen schützt. Die randomisiert-kontrollierte Studie wurde in 30 Zentren in Europa, Nord- und Südamerika durchgeführt. Es wurden 900 Patienten, bei denen ein Risiko für postoperative pulmonale Komplikationen bestand und bei denen ein offener abdomineller Eingriff unter Allgemeinanästhesie und Beatmung mit einem Tidalvolumen von 8 mL/kg geplant war, aufgenommen. Sie wurden randomisiert entweder einem höheren Druckniveau eines positiven endexpiratorischen Drucks (12 cm H₂O) mit pulmonalen Rekrutierungsmanövern (höhere PEEP-Gruppe) oder einem niedrigeren Druckniveau (≤2 cm H₂O) ohne pulmonale Rekrutierungsmanöver (niedrigere PEEP-Gruppe) zugeordnet. Es wurde ein zentrales, computerbasiertes Randomisierungssystem verwendet. Patienten und Endpunkt-Auswerter waren bezüglich der Gruppenzuteilung verblindet. Primärer Endpunkt war eine Kombination aus pulmonalen Komplikationen am Tag 5 postoperativ. Die Analyse wurde nach dem Intention-to-Treat-Prinzip durchgeführt. Von Februar 2011 bis Januar 2013 wurden 447 Patienten randomisiert der höheren und 453 der niedrigeren PEEP-Gruppe zugeordnet. Sechs Patienten wurden von der Analyse ausgeschlossen, davon vier, weil sie ihr Einverständnis zurückzogen und zwei, weil sie Einschlusskriterien nicht erfüllten. Die medianen Level des positiven endexspiratorischen Drucks betrugen 12 cm H₂O (IQR 12–12) in der höheren und 2 cm H₂O (0–2) in der niedrigeren PEEP-Gruppe. Postoperative pulmonale Komplikationen wurden von 174 (40%) der 445 Patienten in der höheren PEEP-Gruppe berichtet gegenüber 172 (39%) von 449 Patienten der niedrigeren PEEP-Gruppe (Relatives Risiko 1,01; 95% KI 0,86–1,20; p = 0,86). Im Vergleich zu den Patienten der niedrigeren PEEP-Gruppe entwickelten jene der höheren PEEP-Gruppe intraoperative Hypotonie und brauchten mehr vasoaktive Medikamente. Somit kommen die Autoren in der August-Ausgabe des Lancet-Journals zu dem Ergebnis, dass die Strategie der Anwendung eines hohen Levels des positiven endexspiratorischen Drucks und pulmonaler Rekrutierungsmanöver bei offenen abdominellen Eingriffen nicht vor pulmonalen Komplikationen schützt. Eine protektive intraoperative Beatmungsstrategie sollte ein niedriges Tidalvolumen und einen niedrigen positiven endexspiratorischen Druck ohne pulmonale Rekrutierungsmanöver umfassen. (bs)

Autoren: ROVE Network Investigators for the Clinical Trial Network of the Eu-opean Society of Anaesthesiology, Hemmes SN, Gama de Abreu M, Pelosi P, Schultz MJ. Studie: High versus low positive end-expiratory pressure during general anaesthesia for open abdominal surgery (PROVHILO trial): a multicentre randomised controlled trial. Quelle: Lancet. 2014 Aug 9;384(9942):495-503. doi: 10.1016/S0140-6736(14)60416-5. Web: http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736%2814%2960416-5/abstract.