Historische Darstellung der starren und dilatierten Pupille
Heerlen – mechentel news – Die Autoren Peter J. Koehler und Eelco F. Wijdicks aus der neurologischen Abteilung des Atrium Medical Centre in Heerlen in den Niederlanden, untersuchten die Entwicklung der Vorstellung über Ursache und Mechanismus der starren und erweiterten Pupille. Hierbei schenkten sie den Versuchsbedingungen und klinischen Beobachtungen des 19. Jahrhunderts besondere Aufmerksamkeit. Ausgehend von Theodor Kocher’s Übersichtsartikel aus dem Jahre 1901 durchsuchten die Autoren deutsche, englische und französische Artikel gezielt nach historischen Informationen. Um zu beleuchten, wann und wie diese Informationen die neurologischen und neurochirurgischen Praktiken beeinflusst hatten, wurden medizinische und neurologische Fachbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert nochmals überprüft. 1837 experimentierte Cooper mit dem intrakraniellen Druck (intracranial pressure, ICP) eines Hundes, erwähnte hierbei aber nicht die Pupillen. Er beschrieb dilatierte Pupillen in klinischen Fällen, ohne auf den Effekt von Licht hinzuweisen. Bright bewies, dass er durch klinische Beobachtungen einige Kenntnisse über die Pupillenreaktion hatte. Aufgrund der Unzuverlässigkeit der Pupillenzeichen versuchte Hutchinson in den Jahren 1867 bis 1868 zu ergründen, in welchen Fällen die Trepanation ratsam wäre. Der beobachtete Zusammenhang zwischen starren, dilatierten Pupillen und erhöhtem ICP wurde erstmals nachgewiesen in von Leyden’s Tierversuchen 1866. Er erhöhte das Volumen des Liquor cerebrospinalis durch intrakranielle Injektion einer Proteinlösung. Er bemerkte, dass im komatösen Zustand für gewöhnlich erweiterte Pupillen auftraten – neben einer Bradykardie, motorischen sowie respiratorischen Auswirkungen. Eine asymmetrische Dilatation konnte nicht immer dem erhöhten ICP zugeschrieben werden, die Ursache hierfür lag in einer Läsion des Nervus oculomotorius. Pagenstecher erweiterte 1871 den Wissensstand durch sein sorgfältiges, fortlaufendes Studium der Pupillenphänomene bei steigendem Hirndruck. Im Jahre 1880 betonte von Bergmann die Bedeutung der ipsilateralen Pupillenerweiterung in Experimenten und klinischen Fällen. Er charakterisierte das Maß und die Dauer der Druckerhöhung. Vermutlich durch Verwechslung von Irritationen (Drehung des Kopfes zur Gegenseite mit Pupillenerweiterung bei Epilepsie) mit Läsionseffekten, schloss er auf eine kortikale Region, die für die okulomotorischen Phänomene verantwortlich sein musste und wies damit bereits auf das heute bekannte frontale Augenfeld hin. Naunyn und Schreiber konnten den Zusammenhang zwischen erhöhtem ICP mit Pupillenerweiterung, reduzierter Pulsfrequenz und reduziertem Blutdruck nachvollziehen – sie warnten davor, den Blutdruck zu senken. 1878 konzentrierte sich Duret auf experimentelle traumatische Effekte und untersuchte die Faktoren Kompression und Erschütterung. Hierbei unterschied er zwei Phasen: merkliche Pupillenkonstriktion durch bulbäre Läsionen aufgrund eines Schocks – gefolgt von der zweiten Phase mit Pupillendilatation durch Stauung und Entzündung, bedingt durch Blut um den Bereich des Nervus oculomotorius. Die zentrale Beobachtung einer starren, erweiterten Pupille als Zeichen einer akuten Massenwirkung entwickelte sich erst sukzessive und nach anfänglichen Fehleinschätzungen bezüglich der Lokalisation. Es ist allgemein bekannt, dass Cushing ähnliche Experimente in Bern durchführte (1900-1901) und später andeutete, dass er diese mit Kenntnis der Literatur nicht durchgeführt hätte. Die Autoren rekonstruierten somit in der Februar-Ausgabe des Journal of Neurosurgery die historische Entwicklung der Diagnostik einer starren und erweiterten Pupille. Sie stellten fest, dass erst nach dem Ende des Zeitraums umfangreicher experimenteller Erforschung des intrakraniellen Druckes und der Übertragung der Ergebnisse auf klinische Beobachtungen die prognostische Bedeutung allmählich von Autoren neurologischer Fachbücher anerkannt wurde. (js)
Autoren: Koehler PJ, Wijdicks EF. Korrespondenz: Department of Neurology, Atrium Medical Centre, Heerlen, The Netherlands. E-Mail: pkoehler@neurohistory. Studie: Fixed and dilated: the history of a classic pupil abnormality. Quelle: J Neurosurg. 2015 Feb;122(2):453-63. doi: 10.3171/2014.10.JNS14148. Web: http://thejns.org/doi/abs/10.3171/2014.10.JNS14148.