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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Intensitätsmodulierte Strahlentherapie gegenüber 3D-konformaler Radiatio nicht mit erhöhtem Risiko für eine zweite Krebserkrankung verbunden

Bethesda – mechentel news – Bei Patienten mit Prostatakrebs wird häufig eine intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) durchgeführt, da sie eine Dosissteigerung gegenüber dem Tumor ermöglicht – bei Verringerung der Strahlenexposition für das umgebende gesunde Gewebe wie Blase und Rektum. Diese Reduktion könnte im Vergleich mit dreidimensionaler konformaler Radiotherapie (3D-CRT), der vorherigen Standard-Strahlentherapie, durch Streustrahlung auf Kosten einer erhöhten Strahlenexposition entfernterer Gewebe, insbesondere des roten Knochenmarks, gehen. Simulationsstudien legten nahe, dass diese reduzierte Strahlenexposition das Risiko für eine zweite primäre Krebserkrankung verdoppeln könnte. Bis heute jedoch haben keine Beobachtungsstudien die Häufigkeit von Zweitkrebserkrankungen nach IMRT oder 3D-CRT wegen Prostatakarzinom direkt verglichen. Die Autoren um Neige M. Y. Journy aus dem Radiation Epidemiology Branch der Division of Cancer Epidemiology and Genetics am National Cancer Institute in Bethesda im Bundesstaat Maryland, USA, verglichen die Risiken für Leukämie und Myelodysplasie (von besonderer Bedeutung durch die potentiell höhere Knochenmarksdosis und da diese Veränderungen bereits zwei Jahre nach der Exposition auftreten können) sowie für solide Zweittumoren nach IMRT gegenüber 3D-CRT in einer großen Kohorte von Patienten mit Prostatakrebs. Dazu wurde eine retrospektive Kohortenstudie auf der Grundlage von SEER(Surveillance, Epidemiology und End Results)-Daten aus der Datenbank der Medicare, der öffentlichen Krankenversicherung innerhalb des Gesundheitssystems der USA, durchgeführt. Die Kohorte umfasste Männer im Alter von 66 bis 84 Jahren, bei denen zwischen 2002 und 2009 ein nicht-metastasierendes Prostatakarzinom diagnostiziert wurde und die innerhalb des ersten Jahres nach Diagnosestellung IMRT oder 3D-CRT erhielten, jedoch keine Chemotherapie, und die mindestens 2 Jahre ab Therapiebeginn überlebten. Wie erwähnt wurden SEER-Daten genutzt, um Angaben zu Demographie, Krebserkrankungen und Tod zu erhalten. Abrechnungsunterlagen wurden ausgewertet, um Informationen zu Krebstherapien und Komorbiditäten zu gewinnen. Die in die Auswertung eingeschlossenen Personen wurden vom Beginn der Strahlentherapie bis zur frühesten zweiten Krebsdiagnose, bis zum Tod, bis zum 90. Geburtstag oder bis zum 31. Dezember 2011 nachbeobachtet. Die relativen Risiken (RRs) für zweite Primärtumoren nach IMRT gegenüber 3D-CRT wurden mittels Poisson-Regression geschätzt, um gleichzeitig das erreichte Alter, die Zeit seit der Bestrahlung und die kalendarische Zeit zu berücksichtigen. Die Risiko-Personenjahre wurden vom Beginn der Strahlentherapie für mindestens 2 Jahre (für hämatopoetische Tumoren) beziehungsweise mindestens 5 Jahre (für solide Tumoren), um die minimalen Zeitintervalle für die Entwicklung strahlenbedingter Krebserkrankungen zu berücksichtigen, bis hin zum Studienende akkumuliert. Die Auswertungen wurden nach erreichtem Alter, Zeit seit Diagnose und Kalenderjahr stratifiziert und bezüglich Tumorgrad, Ethnie, Charlson-Komorbiditätsindex, Raucheranamnese, Durchführung einer Chemotherapie (≥ 1 Jahr nach Diagnosestellung), Hormontherapie und Brachytherapie bereinigt. Es wurden Sensitivitätsanalysen unter Ausschluss der in den Jahren 2002 bis 2003 diagnostizierten Patienten durchgeführt, um eventuelle fehlerhafte Therapie-Klassifikationen in der frühen Phase der Anwendung von IMRT zu berücksichtigen. Die Kohorte umfasste 39.028 Patienten mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 5,2 Jahren (Spannweite 2,0 bis 10,0 Jahre). Insgesamt entwickelten 2.901 Männer eine zweite Krebserkrankung: 1.691 (6,1 %) in der IMRT-Gruppe und 1.210 (10,9 %) in der 3D-CRT-Gruppe. Es ergab sich kein Unterschied hinsichtlich des Risikos für Leukämie oder Myelodysplasie nach IMRT gegenüber 3D-CRT. Die Risiken für Kolonkarzinom (RR 0,59; 95 % Konfidenzintervall 0,43 – 0,81) und Rektumkarzinom (RR 0,58; 95 % KI 0,36 – 0,93) lagen nach IMRT signifikant niedriger. Die Risiken für andere solide Tumoren und Lymphome unterschieden sich nicht signifikant zwischen IMRT und 3D-CRT. Die Durchführung einer Chemotherapie, Brachytherapie, Hormontherapie oder einer chirurgischen Behandlung verwischten die Ergebnisse nicht und führten zu keiner signifikanten Änderung. Die Ergebnisse in den Sensitivitätsanalysen unterschieden sich nicht wesentlich von denen der Hauptanalysen. Die Autoren kommen in der elektronischen Vorabpublikation im Juli 2016 beim JAMA Oncology zu folgender Zusammenfassung: In dieser großen Kohortenstudie bei Patienten mit Prostatakrebs war IMRT nicht mit einem früh erhöhten Risiko für Leukämie oder Myelodysplasie verbunden. Es ergaben sich einige vorläufige Hinweise auf verminderte Risiken für Kolon- und Rektumkarzinom im Vergleich zur 3D-CRT, was möglicherwiese im Einklang steht mit den niedrigeren Strahlendosen für diese Organe bei der IMRT. Es zeigte sich keine Beziehung zwischen der Art der Strahlentherapie und dem Risiko für Lungenkrebs, was vermuten lässt, dass der anteilige Einfluss des Rauchens nicht für die umgekehrte Beziehung, die für Kolon- und Rektumkarzinom beobachtet wurde, verantwortlich ist. Die Studie wies einen ausreichenden Nachbeobachtungszeitraum auf, um ein frühes Auftreten einer Leukämie oder von Myelodysplasie auszuwerten, welche bereits innerhalb von 2 Jahren nach der Strahlenexposition auftreten können. Sie war allerdings eingeschränkt hinsichtlich der Bewertung der Risiken für solide Krebserkrankungen, die in der Regel 5 bis 10 Jahre nach der Strahlenexposition auftreten. Hierzu seien weitere Nachuntersuchungen erforderlich, um den potentiellen Einfluss der IMRT auf die Risiken für zweite Krebserkrankungen zu überprüfen. (bs)

Autoren: Journy NM, Morton LM, Kleinerman RA, Bekelman JE, Berrington de Gonzalez A. Korrespondenz: Neige M. Y. Journy, PhD, Radiation Epidemiology Branch, Division of Cancer Epidemiology and Genetics, National Cancer Institute, National Institutes of Health, Room 7E556, MSC 9778, 9609 Medical Center Dr, Bethesda, MD 20892-9778, USA. E-Mail: neige.journy@nih.gov. Studie: Second Primary Cancers After Intensity-Modulated vs 3-Dimensional Conformal Radiation Therapy for Prostate Cancer. Quelle: JAMA Oncol. 2016 Jul 14. doi: 10.1001/jamaoncol.2016.1368. [Epub ahead of print] Web: http://oncology.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=2533528.