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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Erhöhte Karzinomgefahr bei Patienten mit polyzystischen Nieren

 

UPPER URINARY TRACT Taichung – mechentel news – Informationen über das Risiko von soliden Tumoren bei Patienten mit polyzystischer Nierenerkrankung sind spärlich. Aus diesem Grund, führten die Forscher um Tung-Min Yu vom Graduate Institute of Clinical Medical Science and School of Medicine der China Medical University in Taichung und der Division of Nephrology am Taichung Veterans General Hospital , Taiwan, eine landesweite Kohortenstudie in Taiwan durch, die das Krebserkrankungsrisiko bei Patienten mit polyzystischen Nieren, jedoch ohne chronischer Nierenerkrankung oder terminaler Niereninsuffizienz, ergründen sollte. Aus stationären Patientendaten der Taiwan National Insurance Research Datenbank wurden Patienten älter als 20 Jahre mit diagnostizierter polyzystischer Nierenerkrankung im Zeitraum von Januar 1998 bis Dezember 2010 in die Zystennierenkohorte inkludiert. Dabei wurden jene Patienten ausgenommen, die einen Krebshintergrund, ein chronisches Nierenleiden oder eine terminale Niereninsuffizienz (erfasst anhand der Registry of Catastrophic Illness Patient Datenbank) hatten. Jedem einzelnen Patienten der Zystennierenkohorte wurde ein zufällig aus der National Health Insurance Research Datenbank selektierter Patient älter als 20 Jahre ohne Zystennieren- oder Krebshintergrund auf Basis des Propensity Score-Matchings, kalkuliert mittels logistischer Regression, gegenübergestellt und in die Kontrollkohorte integriert. Die Follow-up-Periode wurde für jeden Patienten ausgehend vom Index-Datum bis zum Datum der Krebsdiagnose (oder der Patient wurde gestrichen aufgrund seines Austrittes aus dem Versicherungsprogramm [z.B. durch Tod, Auswanderung oder Gefängnisaufenthalt] oder am 31. Dezember 2011) bestimmt. Der primäre Endpunkt war die Krebsdiagnose während der 14-jährigen Follow-up-Periode. Das Krebsrisiko wurde als Risikoquotient (hazard ratio, HR), mit Hilfe des proportionalen Hazardmodells nach Cox berechnet, dargestellt. Insgesamt wurden jeweils 4346 Patienten mit und ohne polyzystischen Nieren in die Studie integriert. Die mittlere Follow-up-Periode lag in der Zystennierenkohorte bei 3,72 Jahren (Interquartilbereich: 1,25 – 7,31) und in der Kontrollkohorte bei 4,96 Jahren (2,29 – 8,38). Die Gesamtwahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken, war in der Zystennierenkohorte im Vergleich zur Kontrollkohorte erhöht (20,1 [95 % Konfidenzintervall: 18,3 – 21,9] pro 1000 Personen/Jahr vs. 10,9 [95 % CI: 10,1 – 11,8] pro 1000 Personen/Jahr; HR: 1,77 [95 % CI: 1,52 – 2,07]; HR nach Bereinigung von Alter, Geschlecht, Häufigkeit medizinischer Besuche und Komorbiditäten: 1,83 [1,57 – 2,15]). Das spezifische Risiko (bereinigtes Subhazard-Verhältnis) für Leberzell- (1,49; 95 % CI: 1,04 – 2,13; p = 0,030), Kolon- (1,63; 95 % CI: 1,15 – 2,30; p = 0,006) und Nierenzellkarzinom (2,45; 95 % CI: 1,29 – 4,65; p = 0,006) war bei Patienten der Zystennierenkohorte bedeutend höher im Vergleich zur Kontrollkohorte. Bei dieser im Oktober 2016 in der Fachzeitschrift The Lancet Oncology publizierten Studie handelt es sich laut der Autoren um die erste Studie, die eine Verbindung der polyzystischen Nierenerkrankung ohne terminale Niereninsuffizienz mit dem Risiko an Leber-, Kolon- und Nierenzellkarzinomen zu erkranken, aufzeigt. Medizinisches Fachpersonal sollte sich dieses Risikos bewusst sein, wenn sie Patienten mit Zystennieren behandeln. (ut)

Autoren: Yu TM, Chuang YW, Yu MC, Chen CH, Yang CK, Huang ST, Lin CL, Shu KH, Kao CH. Korrespondenz: Prof. Chia-Hung Kao, Graduate Institute of Clinical Medical Science and School of Medicine, China Medical University, Yuh-Der Road, Taichung 404, Taiwan. Electronic address: d10040@mail.cmuh.org.tw. Studie: Risk of cancer in patients with polycystic kidney disease: a propensity-score matched analysis of a nationwide, population-based cohort study. Quelle: Lancet Oncol. 2016 Oct; 17(10):1419-1425. doi: 10.1016/S1470-2045(16)30250-9. Epub 2016 Aug 20. Web: http://www.thelancet.com/journals/lanonc/article/PIIS1470-2045(16)30250-9/abstract

KOMMENTAR Patienten mit polyzystischen Nieren zeigen eine reduzierte Expression des Tumorsuppressorgens p53 (1). Ausserdem ist mTOR ausser Kontrolle in diesen Patienten (2). Das mögen einige der Gründe sein, warum die Zysten dieser Patienten im Grunde die Eigenschaften von neoplastischem Gewebe aufweisen: u.a. die Resistenz auf hemmende Signale der Zellproliferation, Apoptose sowie die Fähigkeit zur Neoangiogenese (3). Die polyzystische Nierenerkrankung ist eine Systemerkrankung mit genetischen Defekten im gesamten Körper, sodass auch mit einer Entartung von anderem Gewebe als den Nieren zu rechnen ist. Mit einem Follow-up von knapp 4 Jahren zeigt diese Studie klar, dass diese Patienten eine knapp doppelt so hohe Karzinominzidenz (nach Bereinigung von Alter, Diabetes, Hypertonie, Adipositas etc.) aufweisen als Patienten ohne polyzystische Nierenerkrankung. Vor allem haben sie ein Risiko für Nierenzellkarzinome, aber auch für Leberzell – und Kolonkarzinome.

1. Harris PC, Torres VE. 2014. Genetic mechanisms and signaling pathways in autosomal dominant polycystic kidney disease. J Clin Invest 124:2315-2324. 2. Mostov KE. 2006. mTOR is out of control in polycystic kidney disease. Proc Natl Acad Sci U S A 103:5247-5248. 3. Seeger-Nukpezah T, Geynisman DM, Nikonova AS, Benzing T, Golemis EA. 2015. The hallmarks of cancer: relevance to the pathogenesis of polycystic kidney disease. Nat Rev Nephrol 11:515-534.