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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Prospektive Langzeitstudie zu Watchful Waiting vs. Radikale Prostatektomie erreicht Dauer von 29 Jahren

 

PROSTATE CANCER Luzern – mechentel news – Anna Bill-Axelson aus dem Department of Surgical Sciences des Uppsala University Hospitals in Schweden und internationale Kollegen hatten in Ihrer prospektiven Langzeitstudie über „watchful waiting“ versus „radikaler Prostatektomie“ bei lokalisiertem Prostatakrebs jeweils 348 Patienten in die erste Gruppe und 374 Patienten in die zweite Gruppe randomisiert. Das Follow-up beläuft sich auf mittlerweile 29 Jahre. Die Studie hat mehrere Studienziele untersucht, darunter Mortalität jeglicher Ursache, Mortalität bedingt durch Prostatakarzinom und schließlich das Risiko, Metastasen zu entwickeln. Die Datenerhebung lief bis Dezember 2017: 261/347 Männer waren in der OP-Gruppe verstorben (davon 71 Tode prostatakrebs-bezogen) und 292/348 Männer verstarben in der watchful-waiting Gruppe (davon 110 Tode prostatakrebs-bezogen). Es zeigte sich eine absolute Risikodifferenz von 11,7% (95% Konfidenzintervall 5,2 – 18,2) und ein relatives Risiko von 0,55; 95% KI 0,41 – 0,74; p < 0,001). Schließlich ließen sich mehrere (nicht altersbereinigte) Kernaussagen treffen:

• Number needed to treat (um einen Todesfall zu verhindern): 8,4
• Kumulative Todesinzidenz nach 23 Jahren (insgesamt): 71,9% in der OP-Gruppe und 83,8% in der watchful-waiting Gruppe
• Kumulative Todesinzidenz nach 23 Jahren (krebsspezifisch): 19,6% in der OP-Gruppe und 31,3% in der watchful-waiting Gruppe
• 2,9 “extra Lebensjahre” durch Operation

Bezüglich der Fernmetastasierung zeigte sich eine kumulative Inzidenz in der OP-Gruppe von 26,6% und in der watchful-waiting Gruppe von 43,3%. Für das Outcome von Patienten unter 65 Jahren zeigte sich, dass die Mortalität insgesamt 15%, die prostatakrebs-spezifische Mortalität 15,1% und das Risiko der Fernmetastasierung 18,6% geringer waren. Dennoch konnte sich auch ein signifikanter Vorteil für Patienten über 65 Jahren darstellen lassen. Histopathologische Rückschlüsse aus den Prostatektomie-Präparaten zeigten, dass sich das Risiko für einen krebsspezifischen Tod bei einer extrakapsulären Ausdehnung um den Faktor 5, bei einem Gleason-Score bis 7b um den Faktor 5 und bei einem Gleason-Score > 7b um den Faktor 10 erhöht. (cw/bs)

Autoren: Bill-Axelson A, Holmberg L, Garmo H, Taari K, Busch C, Nordling S, Häggman M, Andersson SO, Andrén O, Steineck G, Adami HO, Johansson JE. Korrespondenz: Dr. Bill-Axelson, Department of Surgical Sciences, Uppsala University Hospital, Uppsala, Sweden. E-Mail: anna.bill.axelson@surgsci.uu.se Studie: Radical Prostatectomy or Watchful Waiting in Prostate Cancer – 29-Year Follow-up. Quelle: N Engl J Med. 2018 Dec 13;379(24):2319-2329. doi: 10.1056/NEJMoa1807801. Web: https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/end.2018.0879

Kommentar

Die 4. Auflage der “Scandinavian Prostate Cancer Group Study Number 4 (SPCG-4)“, mit Start im Jahr 1989 in Schweden, hat erneut einen Platz im New England Journal of Medicine gefunden. Die wertvollen Daten dieser prospektiven Studie sind wie bereits bei den vorherigen Auflagen ein wichtiger Bestandteil der modernen Therapie des Prostatakrebses. So konnten die Autoren einerseits zeigen, dass die radikale Prostatektomie weiterhin der Goldstandard für Patienten mit lokalisiertem Prostatakrebs bleibt und insbesondere bei jüngeren Patienten einen eindrucksvollen Vorteil gegenüber dem watchful waiting bietet. Dennoch sei als Limitation angefügt, dass die Patientenpopulation vom Jahr 1989 mit der heutigen Zeit hinsichtlich der Tumorparameter bei Diagnosestellung nicht vergleichbar ist.

Autor: Dr. med. univ. Christoph Würnschimmel, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital