Skip to main content

Fachverlag und Nachrichtenagentur

Macht das Protokoll einen Unterschied? Vergleich von zwei Prostatakrebs-Kohorten mit aktiver Surveillance

PROSTATE CANCER Helsinki – Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes, die Therapieoption ist nicht zuletzt von der Risikoklassifizierung und dem damit verbundenen Malignitätspotential abhängig. Prostatakrebserkrankungen mit einer low-risk Stratifizierung können oft im Rahmen einer Active Surveillance (AS) therapiert werden. Das Ziel der AS liegt darin, eine Übertherapie zu vermeiden. Schätzungen gehen davon aus, dass 40 bis 50% der durch systematisches Screening festgestellten Prostatakrebserkrankungen keiner Therapie bedürften und somit Überdiagnostik darstellen. Hinsichtlich AS existiert eine Vielzahl von Protokollen, aber bisher kaum Vergleiche der Protokolle untereinander. Die nachfolgend von Inari Kalalahti et al. vorgestellte Studie vergleicht zwei Kohorten. Eine aus der ERSPC-Untersuchung, welche ein relativ lockeres Monitoring der AS nach Ermessen des behandelnden Urologen vorsah, sowie eine aus der PRIAS Studie, welche ein striktes Follow-up-Protokoll vorgab. Bei den Patienten in der ERSPC-Studie wurde im Schnitt sechsmonatlich das PSA bestimmt, nach acht Jahren erfolgten PSA-Kontrollen noch bei der Hälfte der Patienten, oftmals wurde die Aufgabe an den Hausarzt übertragen. Die PRIAS-Studie im Gegensatz hielt sich an ein striktes Protokoll mit einem engmaschigeren PSA-Kontrollintervall. Um den Bias durch unterschiedliche Erhebungszeiträume zu begrenzen, wurde die Follow-up-Zeit in der ERSPC-Studie in der Datenauswertung auf 9,5 Jahre begrenzt. Verglichen wurden die Daten von 123 Patienten aus der ERSPC-Studie und 277 aus der PRIAS-Studie. Das mittlere Follow-up betrug 9,5 bzw. 5,2 Jahre. An einem Prostatakarzinom verstarben in der ERSPC-Gruppe fünf Patienten (2%), in der PRIAS-Gruppe einer (< 1%). Einer aktiven Therapieform wurden 141 Patienten (59%) der ERSPC-Gruppe nach einer medianen Zeit von 2,8 Jahren und 125 (45%) der Patienten aus der PRIAS-Gruppe nach einem medianen Zeitraum von 1,2 Jahren zugeführt. Das Therapieziel war dabei bei 122 Patienten (51%) kurativ in der ERSPC-Gruppe im Gegensatz zu 125 Patienten (45%) der PRIAS-Gruppe. 18 Patienten (8%) der ERSPC-Gruppe erhielten eine Primärtherapie in palliativer Intention, in der PRIAS-Gruppe keiner. Betreffend das Allgemeinüberleben fanden die Forscher aus der urologischen Abteilung an der University of Helsinki and Helsinki University Hospital in Helsinki, Finnland, ebenso wie für sekundäre Endpunkte (CSS, TFS, MFS), keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Die Autoren verweisen in der Oktober-Ausgabe 2021 von EUROPEAN UROLOGY OPEN SCIENCE darauf, dass aufgrund des deutlich längeren Follow-ups in der ERSPC-Gruppe keine absoluten Zahlen zwischen den beiden Gruppen verglichen werden sollten. (fa/um)

Autoren: Kalalahti I, Vasarainen H, Erickson AM, Siipola A, Tikkinen KAO, Rannikko A. Korrespondenz: Inari Kalalahti, Helsinki University Hospital, Hyvinkää Hospital Sairaalakatu 1, 05850 Hyvinkää, Finland. E-Mail: inari.kalalahti@hus.fi Studie: Does Protocol Make a Difference? Comparison of Two Prostate Cancer Active Surveillance Cohorts: A Non-protocol-based Follow-up and a Protocol-based Contemporary Follow-up. Quelle: Eur Urol Open Sci. 2021 Oct 28;34:33-40. doi: 10.1016/j.euros.2021.09.016. PMID: 34934965; PMCID: PMC8655388. Web: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2666168321016979

Kommentar

In der Studie konnten keine Vorteile eines strikten AS-Protokolls gegenüber einer lockeren, nicht an ein Protokoll gebundene Überwachung nachgewiesen werden. Unter Berücksichtigung der Limitationen der Studie stellt sich die Frage, ob es auch im Bereich der AS insbesondere mit Blick auf repetitive Biopsien eine Übertherapie gibt. (fa/um)

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital