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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Risiko von Delirien und Stürzen oder Knochenbrüchen bei der Einnahme von anticholinergen Mitteln gegen überaktive Blase

FUNCTIONAL UROLOGY London (Ontario) – Eine häufig angewandte pharmakologische Therapie der überaktiven Blase stellen Antimuskarinergika dar. Aufgrund ihres ungünstigen Nebenwirkungsprofils sollte die Verschreibung insbesondere bei älteren Patienten mit Vorsicht erfolgen. Als medikamentöse Alternative steht der B3-Agonist Mirabegron zur Verfügung. Die Fragestellung der von Blayne Welk et. al durchgeführten und nachfolgend vorgestellten Studie lag darin, ob Anticholinergika im Vergleich zu Mirabegron häufiger zu Delir, Stürzen und sturzbedingten Frakturen führen. Die Arbeitsgruppe aus dem Department of Surgery and Epidemiology and Biostatistics der Western University in London (Ontario), Kanada, hat die Studie als retrospektive Kohortenstudie konzipiert und verwendete Daten aus einer Datenbank in Ontario. Alle Studienteilnehmer waren über 66 Jahre alt und unter kürzlich begonnener anticholinerger Therapie. Als primäre Endpunkte fungierten Vorstellung im Spital aufgrund Delir, Sturz oder Fraktur. Zwischen den drei untersuchten Gruppen (Therapie mit Beta-3-Agonist, Oxybutynin, neuere Anticholinergika) erfolgte ein Matching unter Beachtung von 82 Charakteristika. Untersucht wurde sowohl das Risiko eines Ereignisses in den ersten 30 Tagen nach Therapiebeginn, als auch das Risiko zu einem späteren Zeitpunkt. Insgesamt wurden 103.024 Patienten mit neu begonnener OAB identifiziert, nach Matching präsentierten die Gruppen vergleichbare Basis-Charakteristika. Die Inzidenz für ein Delir innerhalb der ersten 30 Tage betrug 0,31%, das Risiko für einen Sturz oder eine Fraktur betrug 1,07%. In der Januar-Ausgabe 2022 von NEUROUROLOGY AND URODYNAMICS stellen die Autoren fest, dass zwischen den Anticholinergika und Mirabegron kein statistisch signifikanter Unterschied für das Auftreten eines Delirs oder Sturzes innerhalb der ersten 30 Tage bestand (OR Delir: Oxybutynin 1,28; neue Anticholinergika 0,92 |OR Sturz/Fraktur: Oxybutynin 1,19; neue Anticholinergika 1,14). Nach längerfristiger Anwendung (> 30 Tage) zeigte sich ein zunehmendes und statistisch signifikantes Risiko für das Auftreten eines Delirs bei Verwendung neuerer Anticholinergika (HR 1,13) sowie das Auftreten eines Sturzes / einer Fraktur bei Verwendung von Oxybutynin (HR 1,13). (fa/um)

Autoren: Welk B, Etaby K, McArthur E, Chou Q. Korrespondenz: Blayne Welk, MD, MSc, Department of Surgery and Epidemiology and Biostatistics (Urologist), Western University, Room B4-667, St. Joseph’s Health Care, 268 Grossvenor St., London, ON N6A 4V2, Canada. E-Mail: bkwelk@gmail.com Studie: The risk of delirium and falls or fractures with the use of overactive bladder anticholinergic medications. Quelle: Neurourol Urodyn. 2022 Jan;41(1):348-356. doi: 10.1002/nau.24827. Epub 2021 Oct 31. PMID: 34719044. Web: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/nau.24827

Kommentar

Die Resultate der Studie sprechen für einen vorsichtigen Einsatz von Anticholinergika, insbesondere bei längerer Therapiedauer und älteren Patienten. Die alternative Verschreibung eines Beta-3-Agonisten sollte beim entsprechenden Patientenkollektiv geprüft werden. (fa/um)

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital