Skip to main content

Fachverlag und Nachrichtenagentur

Blaulichtfilter – Marketingstrategie statt Gefährdungsschutz

CATARACT Prairie Village – Die sogenannte „Blaulichtgefährdung“ geht auf den experimentellen Befund zurück, dass blaues Licht bei kurzzeitiger, ungewöhnlich intensiver Expositionen, zum Beispiel beim Blick in die Sonne oder vitreoretinaler Endoillumination, für die Netzhaut hochgradig toxisch ist (photische Retinopathie). Dieser Begriff wurde kommerziell missbraucht, um fälschlicherweise zu suggerieren, dass die Exposition gegenüber Umgebungslicht eine Phototoxizität an der Netzhaut verursacht, die zu altersbedingter Makuladegeneration (AMD) führen würde. Martin A. Mainster am Department of Ophthalmology der University of Kansas School of Medicine in Prairie Village im Bundesstaat Kansas, Vereinigte Staaten, und internationale Kollegen analysierten nun klinische, epidemiologische und biophysikalische Daten zu blaufilternden optischen Chromophoren. Sie stellten dazu in einer perspektiven Analyse Daten zur Blaulichtgefährdung und zu Blaufiltern in der Augenheilkunde und verwandten Disziplinen zusammen. Grosse epidemiologische Studien zeigen, dass blaublockende Intraokularlinsen (IOLs) das AMD-Risiko oder die Progression nicht verringern. Gläser mit Blaufilter können die behindernde Blendung nicht reduzieren, da die Bild- und Blendungsbeleuchtung im gleichen Verhältnis verringert werden. Blaues Licht, das für eine optimale Photorezeption von Stäbchen und retinalen Ganglien unerlässlich ist, wird durch fortschreitende altersbedingte kristalline Vergilbung der Augenlinse, Pupillenmiosis und die Degeneration der Photorezeptoren von Stäbchen und retinalen Ganglien verringert. Die gesunde tägliche Umweltbelastung durch blaues Licht nimmt bei älteren Erwachsenen ab, insbesondere bei Frauen. Blaues Licht ist in dunklen Umgebungen wichtig, in denen eine unzureichende Beleuchtung das Risiko von Stürzen und damit verbundenen Erkrankungen erhöht. In der elektronischen Vorabpublikation im Februar 2022 beim AMERICAN JOURNAL OF OPHTHALMOLOGY stellen die Autoren dar, dass die „Blaulichtgefährdung“ nach ihren Ergebnissen als Marketingstrategie missbraucht wird, um Menschen zu alarmieren und dazu zu bewegen, Brillen und IOLs zu verwenden, die blaues Licht einschränken. Der Blaulichtverlust ist bei Pseudophaken mit blaublockierenden IOLs dauerhaft. Die Falschdarstellung der „Blaulichtgefährdung“ blühe trotz des Fehlens von Beweisen dafür, dass die Exposition gegenüber Umgebungslicht oder eine Kataraktoperation AMD verursacht oder dass IOL-Chromophore einen klinischen Schutz bieten. Blaufilternde Chromophore unterdrückten blaues Licht, das aber für eine gute geistige und körperliche Gesundheit und für optimales skotopisches und mesopisches Sehen entscheidend sei. (bs)

Autoren: Mainster MA, Findl O, Dick HB, Desmettre T, Ledesma-Gil G, Curcio CA, Turner PL. Korrespondenz: Martin A. Mainster, Department of Ophthalmology, University of Kansas School of Medicine, Prairie Village, Kansas, USA. E-Mail: mmainste@kumc.edu Studie: The Blue Light Hazard Versus Blue Light Hype. Quelle: Am J Ophthalmol. 2022 Feb 25;240:51-57. doi: 10.1016/j.ajo.2022.02.016. Epub ahead of print. PMID: 35227699. Web: https://www.ajo.com/article/S0002-9394(22)00072-1/fulltext