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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Infektionsrisiken verschiedener Kathetertypen bei intermittierendem Selbstkatheterismus

 

FUNCTIONAL UROLOGY Paris – Intermittierender Selbstkatheterismus (ISK) ist gemäss den EAU-Guidelines sowie den amerikanischen Guidelines die fist-line Therapie bei chronischer Harnverhaltung (nach Ausschöpfung kausal gerichteter Therapieoptionen). Der ISK geht allerdings mit einem Infektionsrisiko einher (zwischen 0,13 – 0,68 pro Monat), wobei als Hauptrisikofaktoren eine geringe Katheterisierungsfrequnz, geringe Flüssigkeitszufuhr, weibliches Geschlecht, schlechte Technik sowie fehlende Lubrikation des Katheters identifiziert wurden. Beschichtete Katheter (hydrophil oder bereits benetzt) sind möglicherweise die sicherste Option für den ISK. Allerdings findet sich kaum Evidenz in der Literatur, ob zwischen beschichteten Kathetern ein Unterschied besteht. Erschwerend hinzu kommt die heterogen verwendete Definition einer Harnwegsinfektion in den Studien, welche zwischen vorliegender Symptomatik bis zu einer positiven Urinkultur reicht. Aufgrund fehlender Goldstandard-Daten aus einer RTC haben sich die Autoren um Emmanuel Chartier-Kastler aus dem Department of Urology im Pitié-Salpêtrière Academic Hospital der Médecine Sorbonne Université in Paris, Frankreich, daran gemacht, mit der Analyse von Daten aus der täglichen Praxis (real-word data) etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Dazu analysierten sie retrospektiv die Daten von 1.950 Patienten. Um allfällige Unterschiede zwischen den Patienten auszugleichen, erfolgte ein Propensity-Score-Matching. In Abhängigkeit der verwendeten Katheter wurden die Patienten in zwei Gruppen eingeteilt. Hinsichtlich des Auftretens einer Harnwegsinfektion bzw. der dafür suggestiven Symptomatik innerhalb eines Jahres konnte zwischen den beiden Gruppen kein statisch signifikanter Unterschied festgestellt werden (befeuchteter Katheter versus hydrophiler Katheter = 36,9% versus 41,5%; p = 0,155), wobei hier auch Patienten berücksichtig wurden, welche während des Unteruchungszeitraums den Typ des Katheters gewechselt hatten. Beachtet man nur die Subgruppe, welche keinen Wechsel des Katheterstyps vorgenommen hat, ergibt sich ein statisch signifikanter Unterschied zugunsten der vorbenetzten Katheter (44,6% versus 55,0%; p = 0,015). Das gleiche Bild zeigt sich in der Auswertung der Anzahl an Infektionen pro Patient (1,3 versus 1,8; p = 0,036), wie die Autoren in der März-Ausgabe 2022 des Fachjournals EUROPEAN UOROLOGY OPEN SCIENCE berichten.

Autoren: Chartier-Kastler E, Chapple C, Schurch B, Saad M. Korrespondenz: Emmanuel Chartier-Kastler, Service d’Urologie, Hôpital de la Pitié-Salpêtrière, 47-83 boulevard de l’hôpital, F-75651 Paris cedex 13, France. E-Mail: emmanuel.chartier-kastler@aphp.fr Studie: A Real-world Data Analysis of Intermittent Catheterization, Showing the Impact of Prelubricated Versus Hydrophilic Catheter Use on the Occurrence of Symptoms Suggestive of Urinary Tract Infections. Quelle: Eur Urol Open Sci. 2022 Mar 4;38:79-87. doi: 10.1016/j.euros.2022.02.008. PMID: 35495281; PMCID: PMC9051966. Web: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2666168322000428

KOMMENTAR Rein vom Sicherheitsprofil scheint es keinen Unterschied zwischen den beiden Kathetertypen zu geben, bei kontinuierlicher Verwendung eines vorbenetzten Katheters scheint das Infektionsrisiko sogar etwas geringer zu sein. Kosten und weitere Faktoren wurden bei der Analyse nicht berücksichtigt. Zudem ist zu beachten, dass es sich um eine retrospektive Auswertung von Daten aus der täglichen Praxis handelt mit einer relativ breiten Definition des Ereignisses Harnwegsinfekt, oder eben «für einen Harnwegsinfekt suggestive Symptome».

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital