Skip to main content

Fachverlag und Nachrichtenagentur

Risikoadaptierte Diagnostik bei Verdacht auf Prostata-Ca: Vergleich Ultraschall versus Magnetresonanz

PROSTATE CANCER Rotterdam – In dieser prospektiven multizentrischen Vergleichsstudie von Ivo M. Wagensveld aus dem Department of Radiology and Nuclear Medicine des Erasmus University Medical Center in Rotterdam und zahlreichen weiteren Kollegen (MR-PROPER Study Group) aus den Niederlanden wurde die diagnostische Leistung eines auf Ultraschall (US) basierenden Risikostratifizierungsverfahrens (Rotterdam Prostate Cancer Risk Calculator [RPCRC] #3; US-Volumenbewertung) und eines auf Magnetresonanztomographie (MRT) basierenden Verfahrens verglichen. Hierzu gab es eine 1:1-Aufteilung der Patienten in insgesamt 21 Zentren (US-Arm in 11 Zentren, MRT-Arm in zehn). Eingeschlossen wurden biopsienaive Männer mit Verdacht auf ein Prostatakarzinom (Alter ≥ 50 Jahre, PSA 3,0 – 50 ng/ml, ± abnorme digital-rektale Untersuchung). Die Männer, deren Risiko anhand von RPCRC#3 im US-Arm und Prostate Imaging Reporting and Data System-Scores (PIRADS) von 3 – 5 im MRT-Arm bestimmt wurde, unterzogen sich systematischen Biopsien (US-Arm) oder gezielten Biopsien (MRT-Arm). Das primäre Ergebnis war der Anteil der Männer mit Gleason Grade Group (GGG) ≥ 2. Sekundäre Ergebnisse waren der Anteil der vermiedenen Biopsien und der Anteil der entdeckten GGG-1-Karzinome. Insgesamt wurden in die im März 2022 beim Fachjournal EUROPEAN UROLOGY vorab elektronisch veröffentlichte Studie 1.965 Männer in die Intention-to-Treat-Population aufgenommen (US-Arm n = 950, MRT-Arm n = 1.015). Die US- und die MRT-Methode entdeckten GGG-≥2-Krebs gleich gut (235/950, 25% beziehungsweise 239/1.015, 24%; Unterschied 1,2%; 95% Konfidenzintervall [KI] 2,6% – 5,0%; p = 0,5). Mit der US-Methode wurden mehr GGG-1-Karzinome entdeckt als mit der MRT-Methode (121/950, 13% gegenüber 84/1.015, 8,3%; Unterschied 4,5%; 95% KI 1,8 – 7,2%; p < 0,01). Mit der US-Methode wurden weniger Biopsien vermieden als mit der MRT-Methode (403/950, 42% gegenüber 559/1.015, 55%; Unterschied 13%; 95% KI 17% – 8,3%; p < 0,01). Bei Männern mit erhöhtem Risiko wurden in der MRT-Gruppe mehr GGG-≥2-Karzinome entdeckt als in der US-Gruppe (52% gegenüber 43%; Unterschied 9,2%; 95% KI 3,0 – 15%; p < 0,01). (cw)

Autoren: Wagensveld IM, Osses DF, Groenendijk PM, Zijta FM, Busstra MB, Rociu E, Barentsz JO, Michiel Sedelaar JP, Arbeel B, Roeleveld T, Geenen R, Koeter I, van der Meer SA, Cappendijk V, Somford R, Klaver S, Van der Lely H, Wolters T, Hellings W, Leter MR, Van der Poel HG, Heijmink SWTPJ, Debruyne F, Immerzeel J, Leijte J, van Roermund J, Miclea R, Planken E, Vis A, Jan de Jong I, Tijsterman J, Wolterbeek D, Claessen A, Vrijhof E, Nederend J, Van Leenders GJLH, Bangma CH, Krestin GP, Remmers S, Schoots IG; MR-PROPER Study Group. Korrespondenz: Ivo G. Schoots, Department of Radiology and Nuclear Medicine, Erasmus University Medical Center, Rotterdam, The Netherlands. E-Mail: i.schoots@erasmusmc.nl Studie: A Prospective Multicenter Comparison Study of Risk-adapted Ultrasound-directed and Magnetic Resonance Imaging-directed Diagnostic Pathways for Suspected Prostate Cancer in Biopsy-naïve Men. Quelle: Eur Urol. 2022 Mar 24:S0302-2838(22)01673-6. doi: 10.1016/j.eururo.2022.03.003. Epub ahead of print. PMID: 35341658. Web: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0302283822016736

KOMMENTAR In den Leitlinien der EAU (European Association of Urology) wird eine risikoadaptierte Biopsiestrategie zur Früherkennung von Prostatakrebs bei bisher nicht biopsierten Männern empfohlen. Die EAU Guidelines empfehlen in diesem Zusammenhang die Durchführung eines multiparametrischen MRT der Prostata, um eine weitere Risikostratifizierung vornehmen zu können. Im klinischen Alltag wird dennoch häufig noch die randomisierte ultraschallgesteuerte Biopsie der Prostata verwendet, insbesondere in regional schlecht versorgten Gegenden. Daher ist diese Studie wichtig, da sie darstellt, dass auch eine Risikobewertung mittels validierter Tools wie dem RPCRC möglich ist und ersatzweise, bei fehlender Möglichkeit einer weiteren Bewertung mittels MRT, ihre Anwendung finden kann. Bei ausreichender Verfügbarkeit von Prostata-MRTs sollte die Risikobewertung vorzugsweise mit MRTs durchgeführt werden, da dadurch mehr Biopsien vermieden und weniger Fälle von GGG-1-Karzinomen entdeckt werden.

Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital