Skip to main content

Fachverlag und Nachrichtenagentur

Netzhautalterung kann mit Deep-Learning-Methoden erforscht werden

MEDICAL RETINA London – Ziel der Arbeit von Martin J. Menten von der Biomedical Image Analysis Group (BioMedIA) am Imperial College London und weiterer Kollegen aus Grossbritannien sowie aus Deutschland, Österreich und der Schweiz war es, den individuellen Verlauf von Netzhautveränderungen, die durch gesundes Altern verursacht werden, mit Hilfe von Deep Learning zu untersuchen. Dazu wurde eine retrospektive Analyse eines grossen Datensatzes von retinalen OCT-Bildern durchgeführt. Insgesamt wurden 85.709 Erwachsene im Alter von 40 bis 75 Jahren eingeschlossen, deren OCT-Bilder im Rahmen der UK Biobank-Populationsstudie erfasst wurden. Es wurde ein kontrafaktisches Generative Adversarial Network (GAN), ein generatives antagonistisches Netzwerk erstellt. Diese Art von neuronalem Netzwerk lernt aus retrospektiven Querschnittsdaten. Anschliessend erzeugt es hochauflösende kontrafaktische OCT-Bilder und longitudinale Zeitreihen. Diese kontrafaktischen Bilder ermöglichen die Visualisierung und Analyse hypothetischer Szenarien, in denen bestimmte Merkmale der abgebildeten Person, wie etwa Alter oder Geschlecht, verändert werden, während andere Attribute, insbesondere die Identität der Person und die Aufnahmeparameter, unverändert bleiben. Mit Hilfe dieses kontrafaktischen GAN wurden subjektspezifische Veränderungen der retinalen Schichtstruktur in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht untersucht. Insbesondere wurden Veränderungen in der retinalen Nervenfaserschicht (RNFL), der kombinierten Ganglienzell- und inneren plexiformen Schicht (GCIPL), der inneren Kernschicht bis zur inneren Grenze des retinalen Pigmentepithels (INL-RPE) und des retinalen Pigmentepithels (RPE) gemessen. Das kontrafaktische GAN war in der Lage, den individuellen Verlauf der Netzhautalterung lückenlos darzustellen. Über alle kontrafaktischen Bilder hinweg veränderten sich RNFL, GCIPL, INL-RPE und RPE um -0,1 μm, -0,5 μm, -0,2 μm bzw. 0,1 μm pro Lebensdekade. Diese Ergebnisse stimmen gut mit früheren Studien überein, die auf derselben Kohorte aus der Bevölkerungsstudie der britischen Biobank basieren. Über die bevölkerungsweiten Durchschnittswerte hinaus konnte mit dem kontrafaktischen GAN untersucht werden, ob die Netzhautschichten eines bestimmten Auges mit zunehmendem Alter an Dicke zunehmen, abnehmen oder stagnieren. Die Autoren zeigen in der elektronischen Vorabpublikation im Februar 2023 beim Fachjournal OPHTHALMOLOGY SCIENCE wie kontrafaktische GANs die Erforschung der Netzhautalterung unterstützen können, indem sie hochauflösende OCT-Bilder mit hoher Wiedergabetreue und longitudinale Zeitreihen erzeugen. Die Autoren gehen davon aus, dass diese Methoden klinische Experten in die Lage versetzen werden, Hypothesen über potenzielle bildgebende Biomarker für gesundes und pathologisches Altern abzuleiten und zu untersuchen, die dann in prospektiven klinischen Studien präzisiert und getestet werden können. (bs)

Autoren: Menten MJ, Holland R, Leingang O, Bogunović H, Hagag AM, Kaye R, Riedl S, Traber GL, Hassan ON, Pawlowski N, Glocker B, Fritsche LG, Scholl HPN, Sivaprasad S, Schmidt-Erfurth U, Rueckert D, Lotery AJ. Korrespondenz: Martin J. Menten, Imperial College London, South Kensington Campus, SW7 2AZ, London, United Kingdom. E-Mail: m.menten@imperial.ac.uk Studie: Exploring Healthy Retinal Aging with Deep Learning. Quelle: Ophthalmol Sci. 2023 Mar 1;3(3):100294. doi: 10.1016/j.xops.2023.100294. PMID: 37113474; PMCID: PMC10127123. Web: https://www.ophthalmologyscience.org/article/S2666-9145(23)00026-X/fulltext