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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Review zur organerhaltenden Chirurgie beim Hodentumor

TESTIS CANCER Zürich – In dieser systematischen Literaturübersicht und Meta-Analyse von Josias Bastian Grogg et al. aus der Urologischen Klinik der Universität Zürich wurden Daten zum Thema der organerhaltenden Chirurgie (testis-sparing surgery, TSS) beim Hodentumor gesammelt. Das Ziel war es, den Standard der radikalen, inguinalen Orchiektomie zu überprüfen. Hierzu wurden 2.333 verfügbare Publikationen gescreent, wovon 32 schliesslich eingeschlossen und insgesamt Daten über 285 Patienten und 306 Hodenoperationen ausgewertet wurden. Keimzellneoplasien in situ (GCNIS) wurde in 43% der operierten Hoden gefunden. Hypogonadismus und Infertilität nach TSS traten in jeweils 27% beziehungsweise 18% auf. Die Rate des Hypogonadismus stieg nach adjuvanter Radiotherapie des Hodens auf 40% an. 13% der TSS Patienten zeigten ein Lokalrezidiv nach median 12 Monaten; bei 88% dieser Patienten wurde eine Salvage-radikale-Orchiektomie durchgeführt und schliesslich waren diese Patienten durchschnittlich 47 Monaten ohne Krankheitsrezidiv. Die übrigen Patienten erhielten eine erneute TSS, eine Bestrahlung oder wurden aufgrund mangelnder Compliance nicht operiert, wie die Autoren in der September-Ausgabe 2022 des WORLD JOURNAL OF UROLOGY darstellen. (cw)

Autoren: Grogg JB, Dursun ZH, Beyer J, Eberli D, Poyet C, Hermanns T, Fankhauser CD. Korrespondenz: Christian Daniel Fankhauser, Department of Urology, University of Zurich, Zurich, Switzerland. E-Mail: cdfankhauser@gmail.com Studie: Oncological and functional outcomes after testis-sparing surgery in patients with germ cell tumors: a systematic review of 285 cases. Quelle: World J Urol. 2022 Sep;40(9):2293-2303. doi: 10.1007/s00345-022-04048-6. Epub 2022 Jul 12. PMID: 35821265; PMCID: PMC9427883. Web: https://link.springer.com/article/10.1007/s00345-022-04048-6

KOMMENTAR Die TSS ist kein Standardvorgehen bei vermutetem malignen Keimzelltumor des Hodens. In seltenen Fällen oder bei vermuteter benigner Histologie wird dennoch eine (meist schnellschnittgesteuerte) TSS durchgeführt. Diese Literaturübersicht und Meta-Analyse zeigt auf, dass ein beträchtlicher Anteil der TSS-Patienten schliesslich eine GCNIS aufwiesen. Nimmt man an, dass aus GCNIS häufig ein maligner Keimzelltumor des Hodens entstehen kann, ist die TSS als sehr risikoreich anzusehen. Somit ist zumindest eine adjuvante Radiotherapie dieser Patienten anzuraten. Schliesslich stellt sich die Frage, bei welchen Patienten eine TSS sinnvoll erscheint. Nach Meinung der Autoren kann die TSS bei gut informierten, complianten Einzelhoden-Patienten mit einem singulären, kleinen (<2 cm) gut lokalisierten (z. B. Unterpol) Befund angeboten werden, die eine normale endokrine Funktion vor der Operation aufweisen.

Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital