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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Systematisches Review und Meta-Analyse zum Prostatakarzinom-Risiko nach Vasektomie

PROSTATE CANCER Marseille – Die Vasektomie stellt die vierthäufigste Verhütungsmethode dar mit zunehmender Nachfrage in der letzten Dekade. Weltweit wählen circa 6 – 8% aller Paare diese Methode der Verhütung. In hochentwickelten Ländern stellt die Vasektomie eine der häufigsten nicht diagnostischen urologischen Interventionen dar. Die erste Erwähnung einer positiven Assoziation zwischen der Vasektomie und dem Risiko ein Prostatakarzinom im Jahr 1990 durch Mettlin et al. führte zu einer endlosen Debatte über mögliche Zusammenhänge mit widersprüchlichen Resultaten. Mit dem Ziel eine bestmögliche Patienteninformation vor geplanter Vasektomie hinsichtlich onkologischer Risiken zu ermöglichen, wurde von einer Gruppe der französischen Gesellschaft für Urologie die nachfolgend vorgestellte Studie durchgeführt. Die Autorengruppe um Michael Baboudjian aus dem Department of Urology, APHM, des North Academic Hospital in Marseille, Frankreich, führten dazu ein systematisches Literaturreview durch. Dazu wurden pro- und retrospektive Studien eingeschlossen, welche mindestens 1.000 Patienten umfassten und das Risiko der Entwicklung einer Prostatakarzinomes zwischen Männern mit und ohne Vasektomie untersuchten. Insgesamt konnten so 37 Studien mit einem Gesamtkollektiv von 16.931.805 Männern eingeschlossen werden. Sowohl in Kohortenstudien, als auch in case-control Studien zeigte sich ein signifikant erhöhtes Risiko (OR 1,09; 95% KI 1,04 – 1,13; p < 0,0003) bzw. (OR 1,23; 95% KI 1,07 – 1,40; p < 0,00001). Im Gegensatz dazu konnte in Querschnittsstudien kein erhöhtes Risiko nachgewiesen werden. Eine gepoolte Analyse aller Daten deutete ebenfalls auf ein erhöhtes Risiko hin (OR 1,23; 95% KI 1,10 – 1,37; p = 0,0002). Dieser Effekt blieb auch vorhanden, wenn nur Studien mit durchgeführtem PSA-Screening berücksichtigt wurden (OR 1,06; 95% KI 1,03 – 1,08; p < 0,001) oder die Auswertung auf robuste Studien hoher Qualität beschränkt wurde (OR 1,06; 95% KI 1,02 – 1,10; p = 0,02). Inwiefern solche kleinen statistischen Signifikanzen einen klinischen Effekt haben und ob sie den Entscheidungsprozess beeinflussen sollten, ist für die Autoren fraglich, wie sie in der Mai-Ausgabe 2022 des Fachjournals EUROPEAN UROLOGY OPEN SCIENCE schreiben. Pathophysiologische Erklärungsversuche beinhalten eine verminderte prostatische Sekretion mit verlängerter Exposition gegenüber Kanzerogenen, eine Zunahme zirkulierender Androgene oder die Entwicklung gegen Spermien gerichteter Antikörper. (fa)

Autoren: Baboudjian M, Rajwa P, Barret E, Beauval JB, Brureau L, Créhange G, Dariane C, Fiard G, Fromont G, Gauthé M, Mathieu R, Renard-Penna R, Roubaud G, Ruffion A, Sargos P, Rouprêt M, Ploussard G; Prostate Cancer Committee of the Association Française d’Urologie CC-AFU. Korrespondenz: Michael Baboudjian, Department of Urology, APHM, North Academic Hospital, Marseille, France. E-Mail: Michael.BABOUDJIAN@outlook.fr Studie: Vasectomy and Risk of Prostate Cancer: A Systematic Review and Meta-analysis. Quelle: Eur Urol Open Sci. 2022 May 19;41:35-44. doi: 10.1016/j.euros.2022.04.012. PMID: 35633829; PMCID: PMC9130083. Web: https://www.eu-openscience.europeanurology.com/article/S2666-1683(22)00587-0/fulltext

KOMMENTAR Über den klinischen Effekt der 6% Risikozunahme, welche sich unter Berücksichtigung nur robuster, hochqualitativer Studien zeigt, kann gestritten werden. Entsprechend sollten die Resultate mit Vorsicht interpretiert und in der Patientenberatung eingesetzt werden.

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital