
Auswirkungen von chronischem Schlafmangel auf die männliche Fertilität im Tierversuch
ANDROLOGY Hefei – Schätzungen zufolge sind etwa 8 bis 12% aller Paare von Infertilität betroffen, wobei der männliche Faktor ungefähr in 50% der Fälle ursächlich ist. In den letzten Jahrzehnten wurde eine zunehmende Verschlechterung der Spermienqualität beobachtet werden. Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass unzureichender Schlaf eine der Ursachen sein könnte. Die allgemein empfohlene Schlafdauer für Erwachsene liegt bei 7 bis 9 Stunden pro Nacht, aber in den USA schlafen 35% der Bevölkerung weniger als 7 Stunden pro Nacht. Die negativen Auswirkungen von Schlafmangel auf die männliche reproduktive Gesundheit sind vielfältig und umfassen Beeinträchtigungen der männlichen Sexualfunktion, Störungen der Blut-Hoden-Schranke und eine verminderte männlichen Fruchtbarkeit. Es ist jedoch unklar, wie lange es dauert, bis solche Schäden auftreten, und wie die genaue Abfolge und der Schweregrad der Schädigung des männlichen Reproduktionssystems aussehen. Das Ziel der nachfolgend vorgestellten tierexperimentellen Studie von Zhenming Zheng et al. vom Department of Urology am First Affiliated Hospital der Anhui Medical University in Hefei, China, war es, die Auswirkungen unterschiedlicher Schlafentzugsdauern auf verschiedene Teile des Hodens und des Nebenhodens (Caput, Corpus und Cauda) bei Mäusen zu untersuchen. Hierzu wurden erwachsene Mäuse nach dem Zufallsprinzip in fünf Gruppen eingeteilt: die Schlafdeprivation(SD)-Gruppe (Schlafentzug für 18 Stunden/Tag über 1, 2, 3 oder 4 Wochen), die SD + Vit E-Gruppe Supplementation mit 50 mg/kg/d Vitamin E über 4 Wochen SD), die SD + NS-Gruppe (Supplementation mit Kochsalzlösung über 4 Wochen SD), die SD + RS-Gruppe (5 Wochen Erholungsschlaf nach 4 Wochen SD) und eine Kontrollgruppe mit normalem Schlaf. Nach Abschluss der Intervention wurden die Spermienparameter, histopathologische Untersuchung von Hoden und Nebenhoden, Entzündungsreaktion und oxidative Stressmarker zwischen den Gruppen verglichen. Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigte die SD-Gruppe nach zwei Wochen Schlafentzug eine Abnahme der Spermienmotilität und nach drei Wochen eine Abnahme der Spermienkonzentration. Die Abnahme der Spermienkonzentration und -motilität war in der Cauda stärker ausgeprägt als im Caput und Corpus. Pathologische Schäden waren im Epididymis-Caput weniger schwerwiegend als im Corpus und der Cauda. Nach vier Wochen Schlafentzug nahmen Entzündung und oxidativer Stress sowohl im Hoden als auch im Nebenhoden zu. Die Autoren berichten in der elektronischen Vorabpublikation beim Fachjournal ANDROLOGY im August 2024, dass sowohl der Erholungsschlaf als auch die Vitamin-E-Supplementierung signifikante Verbesserungen zeigten, jedoch nicht ganz das Niveau der Kontrollgruppe erreichten. (fa)
Autoren: Zheng Z, Wang H, Chen Z, Gao H, Gao P, Gao J, Jiang H, Zhang X. Korrespondenz: Hui Jiang, Andrology Center, Peking University First Hospital, No. 8 Xishiku Street, Xicheng, Beijing, 100034, China. E-Mail: jianghui@bjmu.edu.cn Studie: Impact of chronic sleep deprivation on male reproductive health: Insights from testicular and epididymal responses in mice. Quelle: Andrology. 2024 Aug 2. doi: 10.1111/andr.13718. Epub ahead of print. PMID: 39092868. Web: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/andr.13718
KOMMENTAR Chronischer Schlafentzug von mehr als zwei Wochen führt zu histopathologisch nachweisbaren Schäden an Hoden, Epididymis Caput, Corpus und Cauda, die auch nach fünf Wochen Erholungsschlaf und antioxidativer Stressbehandlung nicht vollständig reversibel zu sein scheinen. Inwieweit die Ergebnisse dieses Tierversuchs auf den Menschen übertragbar sind und inwieweit sich ein längerer Schlafentzug und längere Erholungszeiten auswirken würden, lässt sich mit dieser Studie nicht beantworten.
Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital