
Prospektive multizentrische Studie zur Entfernung von nicht-obstruktiven Nierensteinen
UROLITHIASIS Montreal – Flankenschmerzen im Zusammenhang mit Nierensteinen werden typischerweise durch obstruktive Urolithe verursacht. Inwieweit nicht-obstruktive Nierensteine für Flankenschmerzen verantwortlich sein können, wird in der Literatur kontrovers diskutiert, wobei kleine Fallserien und kleinere retrospektive Studien eine Reduktion der Schmerzsymptomatik nach Behandlung nicht-obstruktiver Nephrolithen zeigen konnten. Die im Folgenden vorgestellte multizentrische, prospektive Studie eines Autorenteams aus Kanada und den Vereinigten Staaten um Naeem Bhojani von der Division of Urology der University of Montreal untersuchte, ob die Behandlung kleiner, nicht-obstruktiver Nierensteine die Schmerzsymptomatik und die Lebensqualität der Patienten verbessern kann. Eingeschlossen wurden Patienten ab 18 Jahren mit nicht-obstruierenden Nierensteinen bis zu einem Durchmesser von 10 mm und mässigen bis starken Schmerzen. Alle Teilnehmer füllten zu mehreren Zeitpunkten (präoperativ sowie 2, 6 und 12 Wochen postoperativ) drei Fragebögen zur Schmerzintensität (Brief Pain Inventory (BPI)) und der daraus resultierenden Einschränkung der Lebensqualität aus. Anschliessend unterzogen sich alle Teilnehmer einer Ureterorenoskopie zur Behandlung der Nierensteine. Primäre Endpunkte waren die Veränderung der durchschnittlichen Schmerzintensität vor der Operation und 12 Wochen nach der Operation sowie der maximale Schmerzscore. Insgesamt wurden 43 Patienten mit nicht-obstruktiven Nierensteinen und Flankenschmerzen rekrutiert. Präoperativ lagen die BPI-Werte für mittlere Schmerzen und stärkste Schmerzen bei 5,5 bzw. 7,2, die 12 Wochen postoperativ auf 1,8 bzw. 2,8 sanken. Der Mittelwert des Fragebogens zur Lebensqualität stieg postoperativ von 70,4 auf 115,3 an. Insgesamt verzeichneten 86% bzw. 69% der Patienten eine Reduktion ihrer durchschnittlichen Schmerzwerte um mindestens 20% bzw. 50%. Die Autoren schliessen aus ihren Ergebnissen, dass Patienten von der Entfernung nicht-obstruierender Kelchsteine über einen Zeitraum von mindestens 12 Wochen durch eine Reduktion der Schmerzen und eine Verbesserung der Lebensqualität erheblich profitieren. Sie empfehlen daher in der März-Ausgabe 2024 des JOURNAL OF UROLOGY, die chirurgische Entfernung nicht-obstruktiver Nierensteine als Behandlungsoption anzubieten. (fa)
Autoren: Bhojani N, Wollin DA, El Tayeb MM, Scotland KB, Knoedler J, Stern KL, Nguyen DD, Rivera M, Borofsky MS, Canvasser N, Bechis SK, Hsi RS. Korrespondenz: Naeem Bhojani, MD, University of Montreal Division of Urology, Centre Hospitalier de l’Université de Montréal, 900 St Denis R04.442, Montreal, Québec, H2X 0A0, Canada. E-Mail: naeem.bhojani@gmail.com Studie: Prospective Multicenter Evaluation of Pain Before and After Removal of Nonobstructing Renal Calculi: A CoRE Initiative. Quelle: J Urol. 2024 Mar;211(3):436-444. doi: 10.1097/JU.0000000000003799. Epub 2023 Dec 15. PMID: 38100842. Web: https://www.auajournals.org/doi/10.1097/JU.0000000000003799
KOMMENTAR Aus meiner persönlichen Sicht eine wichtige Studie mit hohem Stellenwert im klinischen Alltag. Positiv zu erwähnen sind die weit gefassten Einschlusskriterien, wodurch beispielsweise auch Patienten mit chronischen Schmerzen in die Studie eingeschlossen werden konnten. Als Limitationen sind das Studiendesign ohne Kontrollgruppe sowie der relativ kurze Beobachtungszeitraum von 12 Wochen zu nennen. Prädisponierende Faktoren für einen Therapieerfolg konnten die Autoren aufgrund der geringen Patientenzahl nicht identifizieren. Patienten mit geringer Schmerzintensität wurden nicht in die Studie eingeschlossen. Inwieweit diese von einer Steinentfernung profitieren, bleibt weiterhin unklar.
Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital