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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Ist bei negativem MRI der Cut-Off-Wert der PSA-Dichte (0,15ng/ml/cc) für eine Prostatabiopsie in Frage zu stellen?

PROSTATE CANCER Mailand – Männer mit einem negativen Prostata-MRI im Rahmen der Prostata-Abklärungsuntersuchungen haben ein geringes Risiko für das Vorliegen eines klinisch signifikanten Prostatakarzinoms (verwendete Definition der Autoren: ISUP 2 und höhergradig). Da die Wahrscheinlichkeit gemäss aktuellen Studien trotzdem zwischen 5 und 15% liegt, sind weitere Kriterien zur Abwägung einer Prostatabiopsie bei negativem MRI notwendig. Ein dazu häufig verwendeter Wert ist die PSA-Dichte, wobei Werte von 0,15ng/ml/cc für eine Prostatabiopsie sprechen. Dieser Cut-Off fand auch Eingang in die aktuellen EAU-Guidelines. Der Ursprung dieses Wertes und die Rationale dahinter sind jedoch weitestgehend unbekannt. Eine Literaturrecherche des Autorenteams des hier vorgestellten Artikels um Francesco Pellegrino aus der Division of Oncology/Unit of Urology am IRCCS San Raffaele Hospital in Mailand, Italien, konnte keine Veröffentlichung identifizieren, in welcher der Wert begründet wird. Es ist davon auszugehen, dass der Wert noch aus der Prä-MRI-Ära stammt. Die ersten Referenzen fanden sich in Arbeiten von 1990. Das Ziel der Studie bestand also darin, die Rechtmässigkeit dieses Wertes zu überprüfen. Dazu analysierten die Autoren Daten von 8.974 Patienten aus 10 verschiedenen Zentren. Die Autoren postulierten, dass, vorausgesetzt der Cut-Off von 0,15ng/ml/cc ist korrekt, es um diesen Wert herum zu einem starken Anstieg im Auftreten von signifikanten Prostatakarzinomen kommen müsste. Oder aber, es müsste um diesen Wert eine vernünftige Nachweisgrenze erreicht werden, welche die Autoren mit 10% festlegten, das heisst, dass bei einer PSA-Dichte von 0,15ng/ml/cc und negativem MRI bei 10% der Patienten ein signifikantes Prostatakarzinom bioptisch nachgewiesen werden könnte. In 27% der Kohorte konnte ein signifikantes Prostatakarzinom nachgewiesen werden, die mediane PSA-Dichte betrug dabei 0,13 ng/ml/cc. Eine starke Zunahme der Fälle ab einer PSA-Dichte von 0,15ng/ml/cc konnten die Autoren indes nicht feststellen. Der Cut-Off-Wert entsprach einer Wahrscheinlichkeit von 2,6 bis 10% (in Abhängigkeit von der MRI-Genauigkeit), dass eine signifikante Erkrankung vorlag. Wurde die Analyse umgekehrt durchgeführt, so dass ein signifikantes Prostatakarzinom bei 10% der Patienten vorlag, betrugen die PSA-Dichte Werte 0,15 bis 0,38. Bei Verwendung der medianen MRI-Genauigkeit ergabt die PSA-Dichte 0,18 ng/ml/cc. Entsprechend ist der Wert von 0,15ng/ml/cc nur adäquat bei geringer Genauigkeit des Prostata-MRI. Die Autoren empfehlen in der elektronischen Vorab-Publikation im Oktober 2022 beim Fachjournal EUROPEAN UROLOGY FOCUS die Verwendung eines Cut-Off von 0,20ng/ml/cc, räumen aber ein, dass weitere Studien und Kriterien nötig sind zur Identifikation von Patienten mit einem negativen MRI, welche von einer Biopsie profitieren würden. (fa)

Autoren: Pellegrino F, Tin AL, Martini A, Vertosick EA, Porwal SP, Stabile A, Gandaglia G, Eastham JA, Briganti A, Montorsi F, Vickers AJ. Korrespondenz: Francesco Pellegrino, Division of Oncology/Unit of Urology, IRCCS San Raffaele Hospital, Urological Research Institute, Milan, Italy. E-Mail: pellegrino.francesco@hsr.it Studie: Prostate-specific Antigen Density Cutoff of 0.15 ng/ml/cc to Propose Prostate Biopsies to Patients with Negative Magnetic Resonance Imaging: Efficient Threshold or Legacy of the Past? Quelle: Eur Urol Focus. 2022 Oct 18:S2405-4569(22)00230-9. doi: 10.1016/j.euf.2022.10.002. Epub ahead of print. PMID: 36270887. Web: https://www.eu-focus.europeanurology.com/article/S2405-4569(22)00230-9/fulltext

KOMMENTAR Basierend auf den Resultaten der Studie ist davon auszugehen, dass bei durchschnittlicher MRI-Genauigkeit mit einem Cut-Off von 0,15ng/ml/cc übermässig viele Patienten einer Biopsie zugeführt werden. Allerdings entspricht der Wert den aktuellen Empfehlungen der EAU. Allenfalls kann die Studie als Datengrundlage zur Entscheidungsfindung mit dem Patienten beigezogen werden und in die individuelle Risikobewertung einfliessen.

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital