Skip to main content

Fachverlag und Nachrichtenagentur

3D-Modell zur Planung der selektiven arteriellen Abklemmung bei Nierenteilresektionen

RENAL CANCER Gent – Die Nierenteilresektion (PN) stellt aktuell die chirurgische Standardtherapie kleiner Raumforderungen der Nieren dar. Die roboter-assistierte partielle Nephrektomie (RAPN) ermöglicht dabei das gesunde Nierenparenchym möglichst zu schonen bei niedrigem Risiko für Komplikationen, wie zum Beispiel Blutungen. Die Hauptursachen für Blutungen liegen zum einen in direkten Gefässverletzungen während der Hiluspräparation sowie in der Resektion aufgrund unzureichender Abklemmung der arteriellen Perfusion. Die Technik der arteriellen Abklemmung kann einen direkten Einfluss auf Schäden des Nierenparenchyms und damit auf die postoperative Nierenfunktion haben. Hauptsächlich werden aktuell drei verschiedene Abklemmtechniken angewandt: (1) Vollständige Abklemmung der zuführenden Gefässe mit globaler Ischämie, (2) «Off-clamp» Technik, wobei die Resektion ohne Gefässklemmung und somit unter voller Perfusion erfolgt, (3) selektives Abklemmen mit im Idealfall vollständiger Ischämie des Tumors und minimaler Ischämie des restlichen Nierengewebes. Im Idealfall ermöglicht die RAPN eine Balance zwischen minimaler Verletzung des gesunden Nierenparenchyms und dem Risiko von Komplikationen wie Blutungen, wobei die selektive Technik ausgeprägte Kenntnisse über die variable patientenspezifische Gefässversorgung erfordert. Die Gefässversorgung mit den korrespondierenden Versorgungsgebieten wurde bisher überwiegend anhand von 2D- und 3D-CT- und MRI-Bilder rekonstruiert und die intraoperative Übertragung erfolgte rein kognitiv durch den Chirurgen. Die Autoren um Pieter De Backer aus dem Department of Urology des Ghent University Hospital, Belgien, entwickelten einen Algorithmus, welcher die Perfusionszonen der einzelnen Gefässe vorhersagen und am 3D-Modell visualisieren soll. In einem weiteren Schritt überprüften sie die Perfusionszonenvorhersagen mittels Injektion von Indocyaningrün (ICG). Hierzu wurden zwischen Oktober 2020 und Juni 2022 fünfundzwanzig Patienten, welche sich einer RAPN unterzogen, in die Studie eingeschlossen. Basierend auf den präoperativen CT-Bildern wurde ein 3D-Modell geschaffen, sowie mit den errechneten Perfusionszonen des Algorithmus überlagert. Intraoperativ erfolgte die selektive Arterienklemmung. Im Anschluss wurde ICG appliziert und die Perfusionszone mit der Vorhersage des Algorithmus abgeglichen. Hierzu wurde die gesamte Übereinstimmung der Ischämiezonen sowie die Übereinstimmung der tumorbezogenen Ischämiezonen separat bewertet. Wie die Autoren in der Mai-Ausgabe 2023 des Fachjournals EUROPEAN UROLOGY berichten, erwies sich der Algorithmus dabei in 92% der Fälle als ausreichend genau, um darauf basierend eine selektive arterielle Klemmung zu planen. (fa)

Autoren: De Backer P, Vermijs S, Van Praet C, De Visschere P, Vandenbulcke S, Mottaran A, Bravi CA, Berquin C, Lambert E, Dautricourt S, Goedertier W, Mottrie A, Debbaut C, Decaestecker K. Korrespondenz: Pieter De Backer, Proefhoevestraat 12, 9090 Melle, Belgium. E-Mail: pieter.de.backer@orsi.be Studie: A Novel Three-dimensional Planning Tool for Selective Clamping During Partial Nephrectomy: Validation of a Perfusion Zone Algorithm. Quelle: Eur Urol. 2023 May;83(5):413-421. doi: 10.1016/j.eururo.2023.01.003. Epub 2023 Feb 1. PMID: 36737298. Web: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0302283823000027

KOMMENTAR In 92% der Fälle errechnet der Algorithmus ausreichend präzise Perfusionszonenmodelle, um darauf basierend die Klemmstrategie bei der RAPN zu planen. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass die Kontrolle mittels ICG nur Rückschlüsse über die Nierendurchblutung an der Oberfläche zulässt. Zudem wurde die selektive Klemmstrategie kürzlich in zwei Studien infrage gestellt. Wahrscheinlich können hauptsächlich Patienten mit vorbestehender Nierenfunktionseinschränkung von ihr profitieren. Allerdings muss der Perfusionszonenalgorithmus aktuell noch auf Kontrastmittel-CT Daten zurückgreifen, wobei in Zukunft ggf. MRI-Daten hierzu herangezogen werden können.

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital