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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Bei Patienten mit überaktiver Blase könnte bei Nichtansprechen auf perorale Medikation ein frühzeitiges Umstellen auf OnabotulinumtoxinA erwogen werden

NEUROUROLOGY Umeå – Weltweit sind über 500 Millionen Menschen von einer überaktiven Blase (OAB) betroffen. Die Prävalenz zeigt sich dabei stark altersabhängig. Bei ungefähr einem Drittel der Betroffenen tritt Inkontinenz auf, mit entsprechenden Einschränkungen der Lebensqualität. Der erste Schritt in der OAB-Therapie sind häufig Verhaltensmassnahmen, gefolgt von peroralen Behandlungsstrategien. Der Effekt der Verhaltensmassnahmen ist, insbesondere bei Vorliegen von Inkontinenz, gering. Nebenwirkungen oder fehlendes Therapieansprechen führen häufig zu einem Abbruch der peroralen Therapie durch den Patienten. Weiterführenden Therapieformen, wie der intravesikalen OnabotulinumtoxinA (onabotA) Injektion, der sakralen Neuromodulation oder der posterioren tibialen Nervenstimulation werden nur circa 5% der Patienten zugeführt. Die intravesikale Injektion von onabotA bei OAB mit Dranginkontinenz hat sich in mehreren Studien als sicheres und effektives Therapieverfahren erwiesen. Gleiche Ergebnisse erbrachte die GRACE-Studie für OAB-Patienten, deren Symptome durch die perorale Therapie nicht genügend gelindert wurden oder die die Medikation aufgrund Unverträglichkeit oder aufgrund des Nebenwirkungsprofils nicht einnehmen konnten. Das Ziel der nachfolgend von Elisabeth Farrelly aus dem Department of Surgical and Perioperative Sciences, Urology and Andrology der Umeå University, Schweden, präsentierten Post-hoc-Analyse der Daten der GRACE-Studie war es, festzustellen, ob die Behandlungsgeschichte mit oralen Medikamenten den Nutzen der Behandlung mit onabotA beeinflusst. Die untersuchten Patienten hatten eine Behandlungsgeschichte mit einem oder mehreren Anticholinergika (AC) und/oder β‐3-Adrenorezeptoragonisten (β‐3) zur Linderung der OAB-Symptomatik. Es erfolgte eine Stratifizierung der Ergebnisse entsprechend der Vortherapien. Nach onabotA-Injektion zeigte sich im Vergleich zu den Ausgangswerten bereits nach einer Woche eine signifikante Reduktion der Harninkontinenzepisoden, Urge-Symptomatik, Miktionshäufigkeit und Nykturieepisoden mit Anhalt über 12 Wochen, unabhängig von der Art und Anzahl der oralen Medikation vor Behandlung mit onabotA. Nach 12 Wochen betrug die mittlere Veränderung der Urininkontinenz-Episoden pro Tag bei Patienten mit einer Behandlungsgeschichte von nur einem AC -2,4 (n = 43; p ≤ 0,001), mehr als einem AC -2,4 (n = 52; p ≤ 0,001), einem β‐3 -3,3 (n = 12; p < 0,05), mindestens einem AC und mindestens einem β‐3 -3,2 (n = 56; p ≤ 0,001). Die Verwendung von Einlagen und Vorlagen wurde in allen Gruppen signifikant verringert. Wie die Autoren in der August-Ausgabe 2023 des Fachjournals NEUROUROLOGY AND URODYNAMICS mitteilen, berichteten insgesamt 253 von 288 Patienten (88%) über eine subjektive Beschwerdebesserungen, unabhängig von Art und Anzahl der vorherigen oralen Medikamente. (fa)

Autoren: Farrelly E, Hamid R, Lorenzo-Gomez MF, Schulte-Baukloh H, Yu J, Patel A, Nelson M. Korrespondenz: Elisabeth Farrelly, Department of Surgical and Perioperative Sciences, Urology and Andrology, Umeå University, 90737 Umeå, Sweden. E-Mail: e.farrelly@telia.com Studie: One treatment with onabotulinumtoxinA relieves symptoms of overactive bladder in patients refractory to one or more oral medications. Quelle: Neurourol Urodyn. 2023 Aug;42(6):1203-1213. doi: 10.1002/nau.25221. Epub 2023 Jun 1. PMID: 37260130. Web: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/nau.25221

KOMMENTAR Es zeigten sich kaum signifikante Unterschiede in den Ergebnissen basierend auf der Art und Anzahl der vorherigen peroralen Medikation, wohl aber ein Ansprechen auf onabotA in allen Gruppen. Entsprechend könnten Patienten, die auf ein oder mehreren peroralen OAB-Medikamente nicht ansprechen oder die Therapie aufgrund einer Unverträglichkeit nicht fortführen können, von einer früheren Behandlung mit onabotA profitieren. Eine Verallgemeinerung der Resultate könnte möglicherweise aufgrund der geringen Stichprobengrösse, der beobachtenden Natur sowie der fehlenden Randomisierung sowie Vergleichsgruppe nicht vorbehaltlos auf andere Patientenkollektive übertragen werden. Die Effektivität der onabotA-Therapie wurde 12 Wochen nach Injektion evaluiert, leider liegen keine Daten zur Dauer des Therapieeffektes sowie des Bedarfs weiterer Injektionen und deren Effektivität vor.

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital