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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Multicenter-Studie zum Outcome nach einzeitiger bilateraler Ureterorenoskopie

STONE TREATMENT Ancona – Traditionell wurden bilaterale Nierensteine in zweizeitigen Verfahren behandelt, aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Sicherheit einer gleichzeitigen Operation beider Seiten. Dennoch zeigen sich potenziellen Vorteile von simultanen bilateralen Eingriffen aufgrund nur einer einzigen Narkose, geringerem Einsatz von Einweggeräten, kürzerer Operationszeit und kumulativem Krankenhausaufenthalt sowie weniger Arbeitsausfalltagen und damit insgesamt geringeren Kosten. Daher überprüften Daniele Castellani aus der Urology Unit am Azienda Ospedaliero-Universitaria delle Marche der Università Politecnica delle Marche in Ancona, Italien und das internationale Autorenteam in dieser retrospektiven Auswertung die Daten von Patienten, die sich zwischen Januar 2015 und Juni 2022 einer bilateralen retrograden Ureterorenoskopie (URS) in 21 Zentren unterzogen haben. Die Einschlusskriterien waren einseitig oder bilateral symptomatische bilaterale Steine, mit beliebiger Grösse/Lokalisation, sowie bilaterale Steine bei Follow-ups mit Symptom-/Steinprogression. Die stone-free rate (SFR) wurde als das Fehlen von Fragmenten > 3 mm nach 3 Monaten definiert. In der Studie wurden insgesamt 1.250 Patienten mit einem medianen Alter von 48 Jahren eingeschlossen. Von den Patienten waren 58,2% vorgestentet. Der mediane Steindurchmesser betrug auf beiden Seiten 10 mm. Multiple Steine waren bei 45,3% bzw. 47,9% der linken und rechten Nieren vorhanden. Die Operation wurde in 6,8% der Fälle abgebrochen. Die mittlere Operationszeit betrug 75,0 (55 – 90) Minuten. Komplikationen waren vorübergehendes Fieber (10,7%), Fieber/Infektion mit verlängertem Krankenhausaufenthalt (5,5%), Sepsis (2%) und Bluttransfusion (1,3%). Die bilaterale und unilaterale SFR betrug 73,0% bzw. 17,4%. Weibliches Geschlecht (Odds Ratio [OR] 2,97; 95% Konfidenzintervall [KI] 1,18 – 7,49; p = 0,02), keine antibiotische Prophylaxe (OR 5,99; 95% KI 2,28 – 15,73; p < 0,001), Nierenanomalien (OR 5,91; 95% KI 1,96 – 17,94; p < 0,001) und Operationszeit > 100 Minuten (OR 2,86; 95% KI 1,12 – 7,31; p = 0,03) waren Faktoren, die mit Sepsis assoziiert waren. In der April-Ausgabe 2023 des Fachjournals EUROPEAN UROLOGY OPEN SCIENCE berichten die Autoren, dass weibliches Geschlecht (OR 1,88; 95% KI 1,35 – 2,62; p < 0,001), bilaterales Vorstenting (OR 2,16; 95% KI 1,16 – 7,66; p = 0,04) sowie die Verwendung des Hochleistungs-Holmium:YAG-Lasers (OR 1,63; 95% KI 1,14 – 2,34; p < 0,01) und des Thulium-Faserlasers (OR 2,50; 95% KI 1,32 – 4,74; p < 0,01) Prädiktoren für eine bilaterale Steinfreiheit (SFR) waren. (cw)

Autoren: Castellani D, Traxer O, Ragoori D, Galosi AB, De Stefano V, Gadzhiev N, Tanidir Y, Inoue T, Emiliani E, Hamri SB, Lakmichi MA, Vaddi CM, Heng CT, Soebhali B, More S, Sridharan V, Gökce MI, Tursunkulov AN, Ganpule A, Pirola GM, Naselli A, Aydin C, Ramón de Fata Chillón F, Mendoza CS, Candela L, Chew BH, Somani BK, Gauhar V. Korrespondenz: Daniele Castellani, Urology Unit, Azienda Ospedaliero-Universitaria delle Marche, Università Politecnica delle Marche, Via Conca 71, 60126, Ancona, Italy. E-Mail: castellanidaniele@gmail.com Studie: Improving Outcomes of Same-sitting Bilateral Flexible Ureteroscopy for Renal Stones in Real-world Practice-Lessons Learnt from Global Multicenter Experience of 1250 Patients. Quelle: Eur Urol Open Sci. 2023 Apr 30;52:51-59. doi: 10.1016/j.euros.2023.03.018. PMID: 37284041; PMCID: PMC10240508. Web: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2666168323001957

KOMMENTAR Unter den Komplikationen der URS ist die Sepsis zweifellos die schlimmste, da sie mit einem längeren Krankenhausaufenthalt, Intensivaufenthalten und auch mit einer höheren Sterblichkeitsrate assoziiert ist. Die Inzidenz der Sepsis in dieser Studie betrug 2%, was in etwa im Einklang mit der Sepsisrate in der Literatur auch bei einseitiger URS liegt. Dabei ist es jedoch interessant zu sehen, dass Frauen ein fast dreifach höheres Risiko für eine Sepsis hatten, und dies sollte bei der Beratung von Patientinnen vor einer URS sicherlich im Hinterkopf behalten werden. Noch wichtigere Faktoren (neben anderen, hier nicht untersuchten Faktoren) spielen jedoch auch eine Rolle: (1) Antibiotische Abschirmung (Urinkultur vor der Operation und resistenzgerechte perioperative Prophylaxe) und (2) Operationsdauer (kein Überschreiten der Operationsdauer > 100 Minuten). Zusammenfassend kann jedoch gesagt werden, dass bei ausgewählten und gut informierten Patienten durchaus eine bilaterale Steinsanierung in Erwägung gezogen werden kann, solange die Grundprinzipien der Chirurgie beachtet werden.

Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital