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Fachverlag und Nachrichtenagentur

SWISS OPHTHAL

Sehverlust durch versehentliche intravaskuläre Injektion von Weichteilfillern

LIDS Columbus – Die American Academy of Ophthalmology initiierte eine Studie, um die Evidenzlage zu okulären Komplikationen im Zusammenhang mit injizierbaren Weichteilfillern zu untersuchen, Risikomerkmale für Sehverlust zu identifizieren sowie die Wirksamkeit und Sicherheit therapeutischer Massnahmen zu bewerten. Unter der Leitung von Jill Foster vom Department of Oph­thalmology der Ohio State University in Columbus führten die Autoren im Mai 2024 eine Literaturrecherche in der PubMed-Datenbank durch. Die Suche war auf englischsprachige Originalarbeiten zu okulären Komplikationen durch Weichteilfiller begrenzt. Von 387 identifizierten Artikeln wurden 62 für eine Volltextprüfung ausgewählt, davon erfüllten 19 die Einschlusskriterien.

Alle 19 Studien wurden vom Methodikexperten des Panels mit Evidenzlevel III bewertet. Insgesamt wurden 198 Fälle von Sehverlust durch versehentliche intravaskuläre Injektion von Füllmaterial identifiziert. In 164 Fällen (83 %) handelte es sich um Hyaluronsäure-Gel, in 29 Fällen (15 %) um Eigenfett, in drei Fällen um Kollagen sowie jeweils einmal um Poly-L-Milchsäure-Gel und Calciumhy­droxylapatit. Die Injektionsstellen (in einigen Fällen mehrfach pro Patient beschrieben) verteilten sich wie folgt: 90 Fälle (40 %) an der Nase, 56 Fälle (25 %) an der Stirn, 26 Fälle (12 %) an der Glabella, 21 Fälle (9 %) an der Schläfe, 17 Fälle (7 %) frontal, neun Fälle (4 %) an der Nasolabialfalte, sowie jeweils zwei Fälle im Gesicht und peri­okulär. Jeweils ein Fall betraf die Lippe, Augenbraue, Wange und das Oberlid. Insgesamt lagen 84 % der Injektionsstellen im zentralen und oberen Mittelgesicht (Nase, Stirn, Glabella, frontal).

Als häufigste therapeutische Massnahmen wurden lokale, orbitale und intraarterielle Hyaluronidase-Injektionen, intraarterielle Injektionen von Thrombolytika und Hyaluronidase, Parazentese der Vorderkammer, intravenöse Kortikosteroide, intravenöse Mannitolgaben und hyperbare Sauerstofftherapie berichtet. Diese Interventionen zeigten ein günstiges Sicherheitsprofil, konnten jedoch in den meisten Fällen den Sehverlust nicht rückgängig machen. Das initiale und finale Sehvermögen wurde in 196 Fällen dokumentiert: Bei 137 Patienten (70 %) blieb das Sehvermögen unverändert, bei 56 Patienten (28 %) trat eine Besserung ein, und bei drei Patienten (2 %) kam es zu einer Verschlechterung.

In ihrer elektronischen Vorabpublikation im März 2025 beim Fachjournal OPHTHALMOLOGY fassen die Autoren zusammen, dass die versehentliche intravaskuläre Injektion von Weichteilfillern ein relevantes Risiko für Sehverlust darstellt. Besonders Injektionen im oberen und zentralen Mittelgesicht sind mit einem höheren Risiko assoziiert. Hyaluronsäure war das am häufigsten betroffene Material, jedoch wurden auch andere Füllstoffe mit Sehverlust in Verbindung gebracht. Ein standardisiertes, evidenzbasiertes Behandlungsprotokoll existiert bislang nicht. Einzelberichte deuten darauf hin, dass die intraarterielle Thrombolyse in Einzelfällen eine Rekanalisierung verschlossener Arterien ermöglichen kann. (bs)

Autoren: Foster J, Aakalu VK, Freitag SK, McCulley TJ, Tao JP, Vagefi MR, Yen MT, Kim SJ, Wladis EJ. Korrespondenz: Meghan Daly, MLIS, American Academy of Ophthalmology, Quality and Data Science, PO Box 7424, San Francisco, CA 94120-7424, USA. E-Mail: mdaly@aao.org Studie: Vision-Threatening Complications of Soft Tissue Fillers: A Report by the American Academy of Ophthalmology. Quelle: Ophthalmology. 2025 Mar 31:S0161-6420(25)00074-0. doi: 10.1016/j.ophtha.2025.01.020. Epub ahead of print. PMID: 40167411. Web: https://www.aaojournal.org/article/S0161-6420(25)00074-0/fulltext